Josef und die Unternehmensnachfolge Teil I – aus Sicht des Vaters

Josef und die Unternehmensnachfolge Teil I – aus Sicht des Vaters

Nicht ganz alltäglich ist es, wenn ein Vater seine Unternehmen seinen beiden Töchtern übergeben möchte.

Noch dazu, wenn es sich um einen eher männlich dominierten Bereich handelt, nämlich Bau und Immobilien.

Damit es ihm aber leichter fällt, hat er sich rechtzeitig ein neues Betätigungsfeld gesucht – eines, von dem er bis dato gar nichts versteht.

Siehe auch: www.liverzano.it

Dauer: 00:32:16

Veröffentlicht am: 13.03.2024

Transkript

Josef:
Ich glaube, was ganz wichtig ist für mich persönlich in meiner Arbeit, ich muss nicht alles zu Ende führen, wenn ich etwas beginne. Ich habe zwei Töchter, die machen das weiter. Ich bin nicht gezwungen, heute zu sagen, ich muss das bis 69 oder bis 70 erledigt haben, weil dann ist es aus.

Richard:
Lieber Josef, kannst du dich bitte selber ein bisschen vorstellen?

Josef:
Tja, ich bin Architekt, bin jetzt 65 Jahre, bin seit 31 Jahren Zivilgenieur und leite eigentlich seit 31 Jahren ein Architekturbüro, das hauptsächlich auf dem Gebiet des Wohnbaus tätig ist, aber auch Kindergärten und Schulen. Aber ganz speziell sind wir tätig auf dem Gebiet des geförderten Wohnbaus. Das ist in Wien und Niederösterreich und insofern ist die Verbundenheit zu der Gegend wie Niederösterreich intensiv.

Richard:
Aber daneben hast du auch eine Verbundenheit etwas weiter in den Süden hinunter? Ja,

Josef:
Natürlich. Die Frage, die sich für mich gestellt hat im Laufe meines Lebens, ist die, was mache ich einmal irgendwann später? Wird mein Beruf mich bis an mein Lebensende begleiten oder gibt es die Möglichkeit, sich vielleicht im späteren Alter noch einer anderen Tätigkeit zu widmen? Wann hast du

Richard:
Begonnen, diese Überlegungen anzustellen?

Josef:
Also, um es genau zu sagen, war es so in der Alterskategorie zwischen 55 und 60. Okay. Normalerweise ist es diese Zeit, wo wir Architekten wahrscheinlich oder die meisten die größte Hochblüte haben, das ist das intensivste Geschäft. Warum? Weil nach sehr vielen Lehrjahren, und Erfahrungsjahren, dann du in die Situation kommst bei deinen Auftraggebern oder bei Gemeinden oder bei wem auch immer, kannst du punkten mit deiner jahrelangen Erfahrung, die du aufgebaut hast und du bekommst dann eine Selbstsicherheit im Auftreten, du kannst auf Projekte zurückgreifen, die du errichtet hast. Also ist es eigentlich die Zeit, normalerweise, wo die meisten Architekten oder Architekturbüros ihre Hochblüte haben. Natürlich weiß man, nach jeder Hochblüte kommt irgendwann einmal die Verwelkung. Also man sollte sich damit auseinandersetzen, dass man sagt, was macht man später oder wie geht man damit um. Wie geht

Richard:
Es dir dabei?

Josef:
Mir geht es, also ich finde das sehr interessant, dieser Prozess, den ich da durchgemacht habe oder noch mache, wo ich da mittendrin bin, ist, dass ein Großteil meiner Freunde mit 65 in Pension gegangen sind oder gehen mussten und Teile davon sogar schon mitgebracht haben. Der Mann, der sich mit 62 das Unternehmen, dort wo sie tätig waren, verlassen hat.

Richard:
Was ist denen passiert dann, wenn sie in Pension gegangen sind? Es

Josef:
Sind nicht alle freiwillig in Pension gegangen, die vor dem 65. Lebensjahr gegangen sind, sondern aufgrund von unstrukturierenden Unternehmen, wo sie gearbeitet haben, wurde ihnen nahegelegt, in den Altersteilzeit zu gehen oder einen goldenen Handshake anzunehmen, und auf der Beamtenseite ist es so, dass man mit 65 gehen muss. Da gibt es ja keine Verlängerung. Und

Richard:
Deiner Erfahrung nach? zumindest in der Beobachtung, wie gehen die Menschen da mit dem Paradies-Pension

Josef:
Um? Ja, diese Erkenntnis war ja schlussendlich auch ausschlaggebend für mich, sich doch mit den Gedanken etwas anderes zu machen als mit dem Job. Weil im Grunde ein Großteil sich keine Gedanken macht, was ist nach dem Tag oder was ist am Tag 1 oder in der Woche 1 nach dem Ausscheiden aus einem lebenslangen Arbeitsprozess. Die Problematik ist die, dass man eigentlich, wenn man in einem Regelsystem arbeitet und man weiß, dass man irgendwann ausscheiden muss mit 65, sollte man sich schon rechtzeitig den Kopf zerbrechen. Anders als bei allen jenen, die aufgrund von wirtschaftlichen Maßnahmen in den Unternehmen, wo sie gearbeitet haben, relativ in einem kurzen Zeitraum damit konfrontiert worden sind.

Richard:
Sie hatten keine Zeit. Sie

Josef:
Hatten keine Zeit. Sie hatten keine Zeit. Sie hatten keine Zeit, um sich vorzubereiten und somit mit einer Situation konfrontiert waren, die nicht in ihrem Vorstellungsbereich vorhanden

Richard:
War. Meistens ein Schock. So

Josef:
Ähnlich, ja. So viel geht es dir

Richard:
Aber jetzt damit?

Josef:
Mir persönlich geht es insofern relativ leicht, weil ich erkannt habe, dieser Übergangsprozess in meiner Situation ist ja der, dass ich ja nicht gebunden bin. Ich muss ja nicht gehen mit 65. Ich hätte auch früher oder kann später gehen. Aber die Erkenntnis ist, dass es hochinteressant ist, sich noch einmal mit etwas zu beschäftigen, von dem man eigentlich im Grunde eine verdammt oberflächliche Ahnung noch hat. Was

Richard:
Hat das zur Folge?

Josef:
Das Interessante ist, dass man im, nicht fortgeschrittenen Alter, das ist ein bisschen übertrieben gesagt, aber dass man sich noch einmal damit auseinandersetzt, mit ganz neuen Paradigmen auseinandersetzt, mit Sachen, ob das jetzt, dass erlernen noch einer Zulieferung einer Fremdsprache ist, das Auseinandersetzen mit einem Gewerbebereich, mit dem man bis jetzt vorher keine Ahnung gehabt hat, mit anderen Personen, mit anderen Gegenden. Diese Erkenntnis, diese Freude, die einem innewohnt, wenn man unternehmerisch tätig war, kann man die, glaube ich, in viele andere Bereiche mitnehmen. Man muss nur schauen, dass man jetzt nicht das Switchen von einem Tag auf den anderen macht. Das ist nur dann, wenn du wirklich gezwungen bist, von einem Tag auf den anderen Pensionen zu gehen. Du bist ja

Richard:
Privilegiert. Wenn

Josef:
Du gleiten kannst.

Richard:
Du bist privilegiert auf mehreren Ebenen. Du bist finanziell abgesichert. Auf der anderen Seite hast du zwei Töchter, zwei wunderbare Töchter, die noch dazu Interesse haben, an deinem Unternehmen mitzutun. Du brauchst den Übergang nicht von heute auf morgen machen, sondern den fließenden. Nichtsdestotrotz macht das ja was mit einem. Nämlich etwas hergeben zu müssen, etwas hergeben zu wollen und auf der anderen Seite aber es wieder besser zu wissen als die anderen. Wie gehst du damit um?

Josef:
Also ich empfinde es als absolute Erleichterung für mich persönlich, dass meine zwei Töchter in meinem Unternehmen arbeiten, die auch beide das Interesse haben, dieses Unternehmen in welcher Form auch immer weiterführen zu wollen.

Richard:
Das ist ja eine gewisse Genugtuung. Man hat etwas aufgebaut und man hat einfach Freude daran, dass das Werk nicht mit dir enden muss. So ist

Josef:
Es. Das ist, glaube ich, ein sehr entscheidender Faktor, weil natürlich auch wenn man die einzelnen Höhepunkte im Laufe seines Lebens, seines Berufslebens oder Erfolge nicht so sehr realisiert, so kriegt man doch mit nach einer langen Zeit, dass man schon etwas geschaffen hat, wo man persönlich stolz drauf ist. Aber

Richard:
Man hängt ja auch dran.

Josef:
So, richtig. Und im Grunde genommen ist das natürlich eine Erleichterung, wenn es junge Leute gibt, oder sogar meine Töchter, die das weiterführen wollen. Interessanterweise, muss ich sagen, ist der Input der neuen Generation, das sind ja nicht nur meine Töchter, sondern es sind auch junge Mitarbeiter mit innen gekommen, die bei uns arbeiten, ein sehr interessanter und befruchtender, nämlich diese Erkenntnis, dass es in jeder Generation super und gut geht, gute Leute gibt. Und diese Aussagen, ja, ja, die jungen Leute kennen nichts, die sind, die interessiert das alles nicht, arbeiten nicht und wollen nicht, stimmt ja überhaupt nicht. Das war ja immer so. Wahrscheinlich, wie ich als Junge das übernommen habe, haben die Leute genauso über mich geredet, wie man heute über die junge Generation redet. Und ich spreche eine Lanze für die jungen Leute. Die sind viel engagierter, viel intensiver bei der Arbeit dabei, haben ein sehr hohes Verantwortungsbewusstsein ihrer Arbeit gegenüber.

Josef:
Und dem Unternehmen.

Richard:
Jetzt hast du natürlich ein, nennen wir es eine Herausforderung zusätzlich. Bau ist etwas Männliches, sehr maskulin. Von den Bauarbeitern weg, es ist einfach mehr dominierend. Und jetzt hast du zwei junge Frauen da. Wie funktioniert das? Wie werden sie ernst genommen? Wie viele Ellbogen müssen sie ausfahren, um wahrgenommen zu werden? Also

Josef:
Ich bin doch hier der Meinung, dass sich vieles geändert hat. Wir haben in der Zwischenzeit unter den Absolventen und Absolventinnen der TU einen sehr hohen Frauenanteil. Also die Architekturszene und der Bereich Architektur wird in Zukunft immer mehr auch von Frauen dominiert bestimmt. Und in der Qualität der Arbeit und Umsetzung, und der Projekte jetzt in den Architekturbüros, gibt es meines Erachtens überhaupt keinen Unterschied, ob das von einer Frau oder von einem Mann oder von einer Architektin oder von einem Architekten geleitet oder designt wird.

Richard:
Entschuldigung, gehen Sie es anders an? Wie ist die Zugangsweise eines Mannes und einer Frau zur Architektur?

Josef:
Da tue ich mir jetzt ein bisschen schwer, eine richtige Antwort zu geben, weil ich kenne nur meine Zugehensweise und gebe zu bedenken, dass mein Aufgabenbereich sich im Laufe der Jahre entfernt hat von dem Entwerfen, von dem Projektentwerfen und hin mehr zu der städtebaulichen Entwicklung gewandt hat. Und somit kann ich es nur jetzt aus der Ferne betrachten und sagen, ich sehe noch keinen Unterschied zwischen Mann und Frau in der Arbeit. Wo hingegen schon ein Unterschied ist, und das muss man schon sagen, auf den Baustellen, bei den großen Baufirmen, bei der Umsetzung, ist es nach wie vor sicher ein bisschen schwierig, als Frau sich gegen eine noch immer männlich dominierte Bauwirtschaft fortdurchzusetzen. Aber hier, glaube ich, ist in dieser jungen Generation, die jetzt heranwächst, dieses gegenseitige Verständnis Frau-Mann-Mann-Frau auch in diesen Bereichen schon abgeschwächter, als wie es noch zu meiner Zeit, vor 30 Jahren in

Richard:
Der Praxis war. Aber wir wissen, eine weibliche Bauaufsicht wird Sie schwerer tun als eine männliche Bauaufsicht.

Josef:
Ich glaube, es geht darum, vielleicht ja, aber es geht um die Persönlichkeit, die du ausstrahlst. Die Persönlichkeit, die Person, wenn du hier anerkannt wirst, und das ist ein Ergebnis deiner Persönlichkeit, deines Auftretens, deines Handelns, deines Tuns.

Richard:
Daher auch so wichtig, dass die jungen Leute selbstsicher sind, Auftreten haben und so weiter.

Josef:
Richtig, ja. Und man muss dazusagen, der Prozess, bei den jungen Leuten hineinzuwachsen, in dieses Metier, auf der Baustelle, vor allem in diesem Bereich, wird er begleitet, vor allem in meinem Büro, von einer erfahrenen Mannschaft von Mitarbeitern, die zum Teil 20 bis 30 Jahre von Anbeginn bei mir dabei sind. Und dieser Begleitprozess, der führt auch zu einem Lernprozess und zu einem Erkenntnisprozess auf beiden Seiten.

Richard:
Allerdings auch zu einem Abnabelungsprozess, der nicht immer schmerzfrei geht. Weil, wenn das gute junge Leute sind, werden sie irgendwann einmal sagen, ich hätte gern das, ich bin nicht einverstanden, wie es bisher ist, ich habe beide Seiten gesehen, aber jetzt lasst es mich machen. Also

Josef:
Es gibt mehrere dieser Wege. Der einfachste Weg ist, dass sie darauf bestehen und sagen, sie wollen jetzt ihr System hier fahren oder sie wollen ein ihr System etablieren. Und das andere ist, dass sie sagen, sie gehen einfach weg und machen sich selbstständig mit einem eigenen Büro. Also ich sehe hier, das Interessante ist, dass das Weiterführen eines Büros, genauso schwierig und ambitioniert ist, wie das Eröffnen eines neuen. Nur, der Lernprozess in einem bestehenden Büro ist vielleicht ein bisschen angenehmer, als wie ein schmerzlicher Lernprozess gleich selbstständig gemacht wird in einem eigenen Büro als junger. Aber das muss jeder für sich entscheiden. Das ist eine Sache, sich selbstständig zu machen und selbstständig zu arbeiten, mit einer Disziplin sich selbst gegenüber. Du kannst ja nicht der Oma dumm schlagen, bis am Zähne oder was. Ich glaube, das wohnt in einem drinnen. Und es gehört dazu, auch das Quäntchen Mut zu sagen, ich verlasse einen geschützten Bereich und bin im vollen Umfang 24 Stunden für mein Tun, für mich, meine Wirtschaft und mein Volk verantwortlich.

Josef:
Und ich bin bereit, Risiko zu übernehmen, Risiken zu übernehmen. Und das Hauptproblem, was wir heute haben, und es wird den jungen Leuten nicht immer leicht gemacht, ist, ihnen zu helfen oder sie zu unterstützen, bei genau diesem Faktor Risiken zu übernehmen. Das Risiko ist das, was eigentlich am schwersten wiegt, was das schwerste Hindernis ist am Weg in die Selbstständigkeit.

Richard:
Von der

Josef:
Persönlichkeit her das Risiko zu übernehmen.

Richard:
Ich glaube, das ist eine Grundkonstitution, die du brauchst als Voraussetzung. Es kann nicht jeder selbstständig werden. Eine davon ist sicherlich Mut. Ja. Eine ist positiver Zugang. Ja. Eine ist Lösungsorientiertheit. Ja. Also wir haben ein Bouquet, das du brauchst, wenn du selbstständig werden willst. Ja. Jetzt hast du, bist sehr erfolgreich geworden und hast daraus ein Netzwerk. Das heißt also auch, deine Aufträge werden wahrscheinlich primär aus deinem Netzwerk herauskommen oder du wirst gar nicht eingeladen zu etwas. Jetzt, wenn du deine Töchter in diesen Prozess hineinbringen willst, wie reagiert das Vis-a-vis darauf, wenn du plötzlich mit deiner Tochter auftauchst?

Josef:
Also bis jetzt alle sehr, sehr positiv.

Richard:
Der

Josef:
Hintergrund ist die Erkenntnis auch für meine Partner, mit denen wir gemeinsam arbeiten, dass es zwei Töchter gibt oder zwei Personen gibt, die eine Kontinuität im Unternehmen garantieren und das weiterführen wollen.

Richard:
Man hat ja auch Vertrauen, dass du niemanden mitbringen würdest, der dir nicht passen würde. So ist

Josef:
Es, genau. Jetzt kennen meine Partner und meine Auftraggeber einen Großteil meiner Mitarbeiter über Jahre. Und so ist es eigentlich bei der langen Laufzeit unserer Projekte, die im Schnitt manchmal zwischen acht bis zehn Jahren liegen, weil wir vom ersten Tag an, wenn wir Projekte entwickeln, Stadtteile entwickeln, dann ist der Prozess, bis wir fertig sind, acht bis zehn Jahre. So ist es auch für unsere Partner und für unsere Auftraggeber ein nicht unerheblicher, ich würde sagen, ein wichtiger Faktor, zu wissen, okay, das geht weiter. Die Ansprechpartner sind da. Kontinuität. Aha, da sind die neuen Ansprechpartner, das machen wir zurzeit. Und es sitzen in den Bauträgern ja auch junge und neue Mitarbeiter, die ja jetzt eine gemeinsame Ebene mit den jungen Leuten finden. Also

Richard:
Augenhöhe, wir nennen es Augenhöhe. Genau,

Josef:
Und somit das hoffentlich in einer Art und Weise weitergeht. Sieht ja ein bisschen anders aus wie bei mir, aber eine Kontinuität eines Unternehmens erzeugen kann. Wenn

Richard:
Du jetzt weitergibst, und ich habe das so richtig verstanden, ihr seid in einem Prozess des Weitergebers. Wo siehst du die größten Reibungspunkte?

Josef:
Die größten Reibungspunkte sind eindeutig, also jetzt für mich, vielleicht gar nicht für meine Töchter, sondern ich interpretiere es vielleicht hinein, ist in einem Versuch einer fairen Aufteilung zwischen zwei Personen. Es ist leicht, einer Person etwas weiterzugeben, weil das muss man nicht diskutieren. Da gibt es nur Ja oder Nein. Bei Zweien ist es schon notwendig, hier zu versuchen, eine gemeinsame Lösung zu erzielen im Bereich Zuständigkeit, mit welcher Aufgaben der Kompetenz, Geld.

Richard:
Wie macht ihr das?

Josef:
Wir sind mittendrin in dem Prozess der Aufteilung, weil man sagt, okay, die grobe Leitlinie bei uns schaut so aus, also meine ältere Tochter, die ist Zivilingenieur, die in Architektur studiert und ist Zivilingenieur für Architektur, die übernimmt das gesamte Architekturbüro für das Weiter. Und meine zweite Tochter, die die Immobilienwirtschaft studiert hat, die übernimmt den ganzen Immobilienbereich, den privaten und auch den zukünftig entwickelnden Immobilienbereich. Und so entstehen doch zwei eigenständige Unternehmen, die zwar eine Verflechtung haben über Arbeitsbereiche, aber in der Zuständigkeit, schon sehr genau definiert sind, wer was macht.

Richard:
Nehmt ihr da Hilfe von Dritten in Anspruch? Mentoren oder Menschen, die auch als Externer bestimmte Ideen einbringen können? Also

Josef:
Den Einzigen, den ich zu Hilfe nehme, ist natürlich mein Steuerberater, mit dem ich mein ganzes System aufgebaut habe. Okay, das ist nicht das Menschliche. Aber ansonsten, nein, nehmen wir nicht, weil ich für mich der Meinung bin, wir haben eine sehr gute Diskussionskultur, meine Töchter und ich, wir haben eine sehr große Verständniskultur. Und es geht ja nicht nur darum, jetzt die geschäftlichen Sachen zu lösen, sondern auch in weiterer Zukunft die privaten. Natürlich,

Richard:
Und die Emotionen.

Josef:
Und Emotionen zu lösen und natürlich auch das Verständnis, gemeinsam zu entwickeln, füreinander, für die Zukunft. Weil natürlich, man muss schon sagen, man versucht ja immer, mit einer gewissen Harmonie es zu lösen. Nicht, dass man sagt, man ist unbedingt harmoniebedrohlich. Aber

Richard:
Es

Josef:
Gibt so viele Themen, die eigentlich besprochen werden müssen, wo ein Dritter gar nicht in unserem Fall…

Richard:
Also ich habe wunderbare Beispiele gesehen, die eine andere Sprache sprechen. Und zwar sehr, jetzt wenn wir es lösungsorientiert betrachten. Zum Beispiel ein sehr erfolgreicher Mann mit mehreren Unternehmen, glaube ich drei Kinder oder vier Kinder. Und da ging es schon auch darum, wer will was in Zukunft tun. Und die haben folgendes gemacht, da hat sich der Vater die Zeit genommen und immer einen Tag, einen ganzen Tag mit einem Kind verbracht. Wir fahren jetzt weg und tun nur darüber reden. Und das nächste Mal hat der Vater mit dem zweiten, das nächste mit dem dritten Kind. Dann haben sie sich einen Externen geholt, der zu keiner besonderen Verbindung kommt. Und er hat wiederum das Gleiche gemacht. Und dann haben sich der Vater und der Externen zusammengesetzt und haben ein Raster

Josef:
Erstellt.

Richard:
Ganz erstaunliche Dinge sind da herausgekommen. Weil du als in einer Beziehung Vater-Dochter, Vater-Sohn sehr viele Dinge nicht aussprechen kannst. Es ist nun mal so. Emotionen schwer austauschen kannst, weil es gewachsen ist über die Zeit. Es ist nur ein anderes Beispiel, dass ich gesehen habe, dass es sehr erfolgreich war. Und es hat sich herauskristallisiert, dass die Kinder zum Teil etwas anderes wollten, als der Vater gedacht hat.

Josef:
Ist durchaus möglich. Ich bin dann konfrontiert eigentlich auf der anderen Seite mit dem Wunsch meiner Töchter, was sie machen wollen. Aber

Richard:
Sie wissen sehr vieles noch nicht, was auf Sie zukommt.

Josef:
Nein, das ist aber auch gut so.

Richard:
Weil sonst würden Sie es vielleicht nicht

Josef:
Machen. Genau das ist es. Und das ist mein persönlicher Ansatz zu diesem Thema. Und ich halte den für sehr wichtig und propagiere den auch. Es ist die Frage zu stellen, ist es von Vorteil oder von Nachteil, wenn du eine lange Berufsgeschichte und Erfahrung hast.

Richard:
Und

Josef:
Aus meiner persönlichen Erfahrung, also aus meinem persönlichen Lebensweg, muss ich ganz ehrlich sagen, ich bin der Überzeugung, dass es gut ist, wenn junge Leute beginnen etwas zu machen, dass sie keine große Geschichte mitleben, nämlich überhaupt keine haben.

Richard:
Weil es eine Belastung sein kann. Genau,

Josef:
Weil je länger du arbeitest, je intensiver, je mehr Erfahrung du hast, je mehr du erlebt hast, umso mehr ist in deinem Kopf drin, was alles sein kann, was nicht sein kann. Die hunderttausend Möglichkeiten, die da positiv und negativ sind, unter Umständen, sind entwicklungsmäßig hemmend. Wenn du ganz einfach strukturierst, mit einem Potzen Optimismus kommst, weil du etwas machen willst, dann gehst du auf dein Ziel hin und bist bereit zu arbeiten. Und fragst nicht, wieso, warum, weil du sagst, ich muss ein Ziel erreichen, dann mache ich das, das, ja das, ok, super und so weiter. Du fragst nicht, wieviel Zeit, wieviel Stunden, wieviel Geld, ist es wurscht. Du willst ein Ziel erreichen, du bist optimistisch. Du sprühst vor Selbstbewusstsein, ich möchte es schaffen, das wird gehen, wir schaffen das. Und

Richard:
Wenn das Problem auftaucht, dann musst

Josef:
Du es lösen. Weil es dir gar nicht so auffällt. Wir sitzen jetzt da, gehen irgendwas, die Eltern, bevor wir was angehen, sagen wir, es wird schwierig, es kann er noch, das wird eng, ah, da müssen wir den, jössas, nein, warum. Also bevor wir überhaupt anfangen, haben wir schon 50 Ausreden gefunden, warum was schwierig und nicht geht. Das behindert dich oft in der Entwicklung, also in dem freien Denken, in diesen Hemmungslosen, das machen wir schon, das schaffen wir. Und junge Leute haben das und das muss man ihnen bewahren. Das, was wir jetzt haben als Eltern, das schaffen die selber auch noch. Also warum müssen wir uns am Anfang vollpacken mit diesen Problemen oder mit diesen Erfahrungen, wo sie eh sagen, das sind ja deine, nicht meine. Das

Richard:
Bringt mich gleich zu dem Thema, dass du ja in einem anderen Feld wie ein Jungunternehmer beginnst.

Josef:
Genau. Eigentlich

Richard:
Mit genau diesen Voraussetzungen.

Josef:
Wenn

Richard:
Du von vornherein schon wüsstest, was da alles auf dich zukommt, hättest du es wahrscheinlich nicht gemacht. Magst du mir kurz erzählen, was du für ein Projekt hast?

Josef:
Ja, also ich habe vor fünf Jahren von einem sehr, sehr guten Freund von mir in Italien einen Agritourismus und eine Agrikultur gekauft mit einem Partner. Und wir haben dort einen Agritourismus mit neun bis zehn Zimmern, wo wir vermieten. Und wir haben dazu einen Weinbauern, produzieren Olivenöl. Und bis zu dem Zeitpunkt, wo ich das ihm abgekauft habe, weil er in Pension gehen wollte oder aufhören wollte, ich muss dazu sagen, er begleitet mich bis heute, Gott sei Dank, war mein einziger Kontakt zum Olivenöl, das am Salat und beim Rotwein, das in meinem Glasl, was ich immer dabei getrunken habe. Und sonst keine Ahnung.

Josef:
Die Faszination für mich ist, dass nach zwei Jahren Corona und nach auch gewissen Unwettern in Italien, die uns beeinträchtigt haben. Die Straße war weg. Die Straße war weg. Heuer im Frühjahr, schwere Überschwemmungen und so weiter. Und trotzdem dieser Geist, in einem Ingewohn etwas aufzubauen, etwas machen zu wollen, mit Leuten zusammenzuhalten, keine Ahnung zu haben, aber den Versuch zu starten, Ahnung zu bekommen, noch etwas ganz anderes machen zu wollen, ein bisschen zu lernen. Ich werde nie ein Weinmaker werden, das ist ausgeschlossen. Aber ich freue mich über die Olivenernten, die wir machen, und über die anderen Sachen, die wir dort entwickeln, gemeinsam auch mit den Rückschlägen. Aber es ist etwas wieder, man baut etwas auf. Man hat keine Ahnung. Man ist zuversichtlich. Man macht Fehler. Man zahlt drauf. Keine Frage. Aber man ist überzeugt, dass eines Tages, ich bin überzeugt, dass eines Tages dort, das eine tolle Sache wird.

Richard:
Das heißt aber, du bist damit eigentlich wieder genau in der Rolle eines Jungunternehmers, der ein Projekt, teilweise blauäugig, aber mit riesigem Optimismus angeht. Ja,

Josef:
Das ist ein sehr guter

Richard:
Vergleich. Das ist für mich die interessante Frage. Was ist der Unterschied jetzt von deinem psychologischen Set, wie du dieses Architekturunternehmen aufgebaut hast und jetzt, 30, 40 Jahre später, wiederum ein Unternehmen machst? Was ist jetzt anders?

Josef:
Also anders ist, dass man vielleicht ein bisschen in der Zielsetzung ruhiger geworden ist in der Erwartung. Als Junger kann es nie schnell genug gehen. Da ist immer das Gibt und Warum ist das nicht schwerledig und schnell, schnell und intensiv. Und oft sehr hart ans Risiko gehend, so wie es bei mir war. Du

Richard:
Hast auch weniger zu verlieren gehabt.

Josef:
Genau, richtig. Jetzt ist es so, dass die Erfahrung die ist, dass du, wenn du mit der Natur arbeitest, kannst du nur mehr Teile bestimmen deines Erfolges. Weil es gibt einen entscheidenden Teil bei dieser Arbeit, der einfach Gott gegeben ist, die Natur, wie sie arbeitet und wie sie ist. Das heißt, du musst dich schon anders aufstellen. Du musst dich anders zurechtfinden. Du musst im Einklang mit der Natur auf einmal arbeiten. Das ist ein ganz anderer Prozess, wo du sagst, ich kann vielleicht bestimmen, 50 Prozent, 50 Prozent ist das Wetter.

Richard:
Also der Vergleich vollert man schon ein. Als Architekt bist du ausgeliefert Gesetzen, Beamten, Persönlichkeiten, Befindlichkeiten, die du schon auch nicht vorhersehen kannst.

Josef:
Das ist richtig. Die nimmt man vielleicht als Junge nicht so sehr wahr. Also als Älterer, da nimmt man sie sehr wohl wahr, weil man sie vielleicht sehr lange kennt und wenn man vielleicht schon weiß, was man erwartet im Vorhinein. Aber die

Richard:
Geduld ist auf jeden Fall, glaube ich, heute hat einen viel größeren Stellenwert.

Josef:
Ja. Und ich glaube, was ganz wichtig ist für mich persönlich in meinen Arbeiten, betrifft sowohl das Architekturbüro, das Immobilienbüro und den Weinberg. Ich habe mir gesagt, ich muss nicht alles zu Ende führen, wenn ich etwas beginne. Ich habe zwei Töchter, die machen das weiter. Ich bin nicht gezwungen, heute zu sagen, ich muss das bis 69 oder bis 70 erledigt haben, weil dann ist es aus. Nein, ich kann, ich leiste mir den Luxus, dass ich sage, ich beginne noch immer, wir beginnen noch immer neue Sachen und irgendwann werde ich langsam den Ausweg nehmen. Austriften. Austriften. Dann werde ich mich wahrscheinlich viel mehr, nicht in Diogenes Fass mich befinden, aber doch weit woanders befinden. Und auch dort ist es so, dass wenn du etwas aufbaust, ist, glaube ich, für mich persönlich, das ist ein wichtiger Gedanke und erleichtert mir sehr viel, seitdem ich weiß, ich muss nicht alles beenden.

Josef:
Es wird jemanden geben, der es weiterführt. Gut, das

Richard:
Trifft das Architekturbüro, das trifft nicht die Agrikultur und den Weinbau etc. Aber da

Josef:
Bin ich auch optimistisch.

Richard:
Da bin ich ganz sicher sogar. Das ist ja ein tolles Neues, ein neues Projekt. Ich kenne Leute, die haben sich dann einen Olivenhain angeschafft und andere haben sich etwas anderes. Du schaffst das alles erwärmt. Wie involvierst du deine Töchter in diese neue Idee?

Josef:
Also sehr, sehr vorsichtig. Zeitlang. Weil ich sie in diesem Fall nicht überfordern möchte. Keine Frage, es ist in der Prioritätenliste meiner Töchter sehr weit hinten, weil es eigentlich für mich in der Prioritätenliste sehr weit oben ist und auch für mich dazu dient, diesen Aufgabenbereich zu wechseln. Weg von der Architektur, weg von dem Thema, was die zwei machen, hauptsächlich. Langs etwas anderes zu machen und mit der Zeit. Ich sage immer so, die Zeit wird zeigen, welches Interesse sie an dem entwickeln oder

Richard:
Nicht. Genau, du gibst ihnen Optionen und wo es dann wirklich draus wird. Ja,

Josef:
Sie müssen das selbst entscheiden.

Richard:
Jetzt wenn du dir, sie hören ja nicht zu, aber wenn du dir von deinen Töchtern etwas wünschen würdest, Ja. was wäre das? Also

Josef:
Das Einzige, was ich mir wünschen würde von beiden, dass sie eigentlich so wie sie jetzt sind, agieren, leben und arbeiten, dass sie es schaffen, das eine sehr, sehr, sehr, sehr lange Zeit durchzuhalten. Mit einem gesunden Optimismus und Wollen, weil das notwendig ist, wenn du selbstständig bist, bist du gezwungen, eigentlich ununterbrochen an dich und an deine Sache zu glauben. Die Frage, wie entwickelt sich in Zukunft aufgrund von neuen technischen Möglichkeiten, von Vorschriften, von Planungsrichtlinien, von Vorgaben der EU, wie wird sich bauen, wohnen, aber auch vor allem der Städtebau, diese Entwicklung der Städte, entwickeln, das ist einem Prozess unterworfen, der derzeit sehr stark diskutiert wird. Ich meine nur das Thema Versiegelung, das Thema Grünraum, das Thema Verkehr, die in den Ballungsräumen, das wird wirklich sehr intensiv und wird einen Stellenwert haben, der sehr intensiv zu diskutieren wird und die Auswirkungen auf die Wohnbauten und auf die Entwicklungsgebiete weiß ich heute noch nicht.

Josef:
Wir ahnen sie, es ist ein sehr langfristiger Prozess und ich wünsche ihnen den Langmut, sehr lange an Projekte zu glauben. Ich glaube, das werden sie, das können sie. Und ansonsten muss ich sagen, ich wüsste gar nicht, was ich sonst in den BergenIch

Richard:
Glaube, du hast ihnen sehr viel mitgegeben, nämlich auch jetzt von, es geht ja um Wertehaltung, es geht um Durchsetzung, es geht um, du bist wer, du kannst was, mach einfach, weniger ums rein technische Dinge. Wo siehst du dich in zehn Jahren?

Josef:
In zehn Jahren sehe ich mich eigentlich in der Situation, dass ich mein Italienisch auf einen Level gebracht habe, der wirklich sehr akzeptabel ist, mit einem erfolgreichen Weinbauter-Vermietungsbetrieb, aber auch als angehender Großvater sehe ich mich in der Situation, dass ich hier auch eine andere Tätigkeit, vielleicht auch noch eine Betreuungstätigkeit mache oder eine Beeinflussungsmöglichkeit meiner Enkelin bekomme in diese Richtung. Ich

Richard:
Kann dir nur sagen, die Rolle als Großeltern ist genial. Das ist sensationell. Das

Josef:
Wird mich auch noch sehr beeinflussen, aber ich freue mich drauf, weil wenn du zwei so wunderbare Töchter hast, die dir nachfolgen wollen, das machen wollen, dann mache ich mich um mich, um meine Frau oder um uns aber auch, um die Unternehmen keine Ängste und keine Sorgen.

Richard:
Wunderbares Schlusswort. Also ich glaube, so wie ich das erlebt habe, brauchst du dir wirklich keine Sorgen machen. Ich wünsche dir sowohl mit dem Architekturbüro, mit der Übergabe. Also auch mit deinem wunderbaren Weingut, Villa Libertano, wenn das jemand nachschauen will. Ich habe selber erlebt, es ist sensationell. Danke. Ich glaube, du bist auf einem sehr, sehr guten Weg und wir müssen, glaube ich, voller Demut sagen, wir dürfen das alles. Wir dürfen das

Josef:
Alles.

Richard:
Wir müssen nicht. Ja. Sie, liebe Zuhörerinnen und liebe Zuhörer, was Sie müssen ist, Sie müssen googeln oder Sie müssen richardkaan.com anschauen, dann können Sie mehr von mir erfahren. Sie wissen dann, wo Sie mich erreichen. Herzlichen Dank. Danke vielmals.

Josef:
Danke

Richard:
Vielmals. Danke fürs Reinhören in meinem Podcast. Mehr Informationen gibt es auf meiner Webpage richardkaan.com. Bis zum nächsten Mal.

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