Niki - Von allem ein Bisschen

Niki – Von allem ein Bisschen

Niki, ein junger Mann von 34 Jahren, erzählt von seiner Arbeitswelt. Zum Teil in der Welt des New Work daheim, zum Teil auch in der Welt des analogen Arbeitens – irgendwo dazwischen also.

Und so ist auch seine Sichtweise, aber hören Sie selber.

Dauer: 00:13:54

Veröffentlicht am: 20.12.2023

Transkript

Niki:
Wir sind in einer Zeit, wo eigentlich alles vorhanden und erreicht worden ist, was die letzten 100 Jahre die Menschheit auf die Beine gestellt hat. Und so wie ich den Job auch übernommen habe, im wirklichen Sinne, sehe ich uns alle so als ein bisschen der Verwalter der bereits aufgestellten Sachen.

Richard:
Lieber Niki, kannst du dich kurz vorstellen? Hallo,

Niki:
Ich bin der Niki. Ich bin 34 Jahre alt. Ich arbeite in Wien, plane aber bald wieder zurück nach Graz zu ziehen. Es hält mich nicht besonders viel in Wien und ich war jetzt sehr lange dort. Der Job ist nicht mehr das, was ich mir so ganz vorstelle.

Richard:
Was arbeitest du?

Niki:
Ich bin in einer Hausverwaltung.

Richard:
Full-Time, Part-Time? Ich

Niki:
Bin 30 Stunden in Wien und dann versuche ich hier in Graz noch nach anderen Sachen, nach dem Rechten zu schauen.

Richard:
Also in Summe fast ein Full-Time-Job?

Niki:
Ja, könnte man so sagen.

Richard:
Du gehörst zu, würde ich sagen, der späten Generation Z wahrscheinlich oder schon Millennials.

Niki:
Weißt du die Abgrenzung circa, wann das ist? Ich kenne mich da leider zu wenig aus. Gut,

Richard:
Auf jeden Fall, du bist viel jünger als ich. Ja. Und daher hast du auch einen ganz anderen Zugang zur Arbeit. Bei mir, bei meiner Generation war es so, dass Arbeiten mehr Lebensinhalt war und wir die Befriedigung im Arbeiten mehr gesucht haben oder so. Du bist viel jünger als deine Generation. Kannst du mir so allgemein sagen, natürlich kannst du nicht für alle sprechen, aber wie sieht man als junger Mensch heute das Arbeiten oder die Arbeit allgemein?

Niki:
Naja, das Arbeiten ist ja vielseitig. Das bringt nicht nur das Geld, das man zum Leben braucht, sondern es soll auch die Erfüllung wahrscheinlich bringen, mit seinem Leben etwas Sinnvolles anzufangen, gebraucht zu werden, etwas auf die Beine zu stellen. Ja. Und etwas zu hinterlassen, wenn man dann nicht mehr da ist.

Richard:
So, das war jetzt sehr allgemein. Das war sehr allgemein. Es soll so sein. Wie sieht das für dich oder für deine Generation aus?

Niki:
Ja, wie du schon gesagt hast, ich kann nicht für alle sprechen, sondern in meinem Fall nur für mich. Es ist eine Notwendigkeit, die mir wahrscheinlich seltener Spaß macht als dir, aber das liegt auch vielleicht daran, dass ich noch nicht meine Berufung gefunden habe, die man ja aber, wie ich so höre, nur beim Suchen finden kann.

Richard:
Du kennst ja deine Altersgenossen für besser als ich. Was meinst du, wie sehen die die Situation Arbeit, Freizeit, Leben, Notwendigkeit, Geld?

Niki:
Ich habe da wahrscheinlich einen Freitagskreis, der nicht so ganz dem Durchschnitt entspricht. Daher ist auch wahrscheinlich das, was ich sehe, nicht so ganz für die Allgemeinheit auszubreiten. Ja, es ist in aller Munde und es ist schon lange ein gesellschaftliches Thema, das schon totgeschleppt. Ich sage ein Wort von Work-Life-Balance oder wie auch immer man es drehen möchte, was auch immer davor kommt. Wir sind in einer Zeit, wo eigentlich alles vorhanden und erreicht worden ist, was die letzten 100 Jahre die Menschheit auf die Beine gestellt hat. Und so wie ich den Job auch übernommen habe, im wirklichen Sinne, sehe ich uns alle so als ein bisschen der Verwalter der bereits aufgestellten Sachen.

Richard:
Habt ihr Angst für die Zukunft? Wie das Leben sich abspielen wird? Habt ihr Perspektiven, wie Arbeit und Freizeit in Zukunft laufen kann?

Niki:
Also Ängste wahrscheinlich schon. Das kommt ja von verschiedensten Ecken herein. Von immer mehr Unruhen nach sehr lange friedlichen Zeiten, wo uns ja auch die Geschichte gelehrt hat, dass wenn lange keine Kriege waren, irgendwann der Paukenschlag kommen muss. Die Zukunft, da wir… Da wir alle auf Kosten von, wir wissen es nicht wirklich, gelebt haben, wird der Preis, den wir im Nachhinein zahlen müssen, sehr groß sein. Und wir haben uns schon, würde ich sagen, als Jungen, ist uns das schon gesagt worden, dass es so nicht weitergehen kann. Also ja, Ängste gibt es hier wahrscheinlich von mehreren Seiten zukunftsträchtig. Heißt aber nicht, dass die Leute Angst haben sollten, wahrscheinlich sich zu vermehren oder das fortzusetzen. Denn wir können nur die Kurve kratzen. Indem wir weitermachen, aber wahrscheinlich besser und vorsichtiger als dazufall.

Richard:
Jetzt wenn du dir noch Jüngeren anschaust, die 10, 15 Jahre jünger sind als du, die in den Arbeitsprozess hineinwachsen oder eben nicht wachsen. Was meinst du, wie sehen die die Situation des Arbeitens, der Notwendigkeit von Arbeit?

Niki:
Arbeit ganz grundsätzlich, wahrscheinlich dem sind sie nicht abgeneigt. Aber es ist wahrscheinlich… Es ist wahrscheinlich zu hinterfragen, und das wissen wir noch nicht, was die Digitalisierung bzw. was die Generation, die rein digital bereits aufgewachsen ist, was das mit ihnen gemacht hat, was das für Veränderungen in der Vorstellung hat, was Arbeit bedeutet, wie viel notwendig ist zu tun, sich selber zu erhalten oder seine Ziele zu erreichen, die doch auch im Zuge der Social Media, wo man permanent etwas vorgelebt bekommt, was man selbst schwer erreichen kann, dass man sich nicht so einfach erreichen kann, wie vor 50, 80 Jahren.

Richard:
Ich lese in den Zeitungen immer wieder, was wahrscheinlich richtig ist, dass viele junge Leute sagen, wofür soll ich überhaupt noch arbeiten, weil ich kann damit ja nichts erreichen. Meine Generation, für die war Arbeit ein Mittel, um sich bestimmte Dinge zu erfüllen. Eine Familie zu gründen, ein Haus zu bauen etc. Aber das scheint für die jungen Leute halt überhaupt kein Ziel mehr zu sein.

Niki:
Naja, also ich sehe das so. Seit dem Zweiten Weltkrieg sind wir ja alle, haben uns alle an den großen Bruder Amerika gehängt und waren große Nutznießer von dem, von was Late-Stage-Kapitalismus hier auf die Beine gebracht hat. Aber wir sehen ja auch in Amerika, dass der American Dream nur mit ausgestreckten Ellbogen erreichbar ist und dann fällt man meistens… Und zwar aufs Gesicht, wenn man über andere drüber fährt. Also, so wie du schon gesagt hast, dass sich seinen Traum finanzieren, mit einem Job sich hochzuarbeiten, das ist fast nicht mehr möglich. Dem würde ich zustimmen.

Richard:
Jetzt, wenn wir Arbeit noch als Stichwort nehmen, ich weiß nicht, wie viele Generationen in deinem Büro arbeiten, aber du siehst es vielleicht woanders auch, es sind wahrscheinlich vier Generationen, demnächst fünf Generationen. Wie meinst du, können die besten… …möglich miteinander ersprichlich arbeiten?

Niki:
Also, was zum Beispiel in meinem Fall sehr gut funktioniert hat, ist, dass das hierarchische System mehr oder weniger beendet wurde. Das kann aber wahrscheinlich nur funktionieren, wenn du gleichgesinnte Leute findest, die eine ähnliche Vorstellung haben, was muss getan werden und was müssen wir tun, um gemeinsam ans Ziel zu kommen. Ich persönlich in meiner Arbeit habe ein fast freundschaftliches Verhältnis, auch mit meinen Vorgesetzten. Was mir persönlich… …Motivation bringt, als wenn mir die Obrigkeit sagt, du hast das, das, das zu tun. Wenn mein Chef zu mir kommt, du, komm, denken wir gemeinsam an eine Lösung und arbeiten wir diese aus, fühle ich mich hier viel mehr involviert und viel mehr motiviert, ans Ziel zu kommen, dass das geplant ist.

Richard:
Leadership neu, führen durch Vertrauen, so als Stichwort. Sehr viele Ältere, die aufgewachsen sind in hierarchischen Systemen, wollen natürlich… …auch bestimmte Mittel oder Machtmittel nicht aus der Hand geben, nämlich Kontrollmechanismen. Und wenn es heute heißt Homeoffice, ist diese Möglichkeit der Kontrolle weg. Größtenteils weg. Freilich, du kannst am Resultat am Schirm ein paar Dinge sehen. Wie geht man als junger Mensch damit um, indem dir Vertrauen entgegengebracht wird und sagt, geh heim und mach daheim die Arbeit? Ist das eine Verpflichtung, die einen laufen lässt? Ist das eine Last? Ist das eine Freiheit, die man nutzt und dann halt sehr konzentriert, sehr schnell arbeitet und zu tun, als ob man lange gearbeitet hätte? Wie geht man damit um?

Niki:
Es ist wahrscheinlich… Alles, was du angesprochen hast, von Charakter zu Charakter, wird jetzt unterschiedlich genutzt und unterschiedlich ausgeführt. Ich bin ja aufgewachsen in einer noch nicht digitalen Zeit und habe die digitale Wandlung als 12-, 13-Jähriger mitbekommen und habe auch direkt… Ich habe auch direkt Unterschiede gemerkt. Also ich halte mir oder ich mache mir keine Illusionen, dass alles, was wir digital erledigen, ist überwachbar und beweisbar. Das heißt, jede Sekunde, die wir online sind oder mit dem Server verbunden sind, ist im Grunde genau eingetragen, eingeloggt und jeder Klick ist an sich nachverfolgbar. In einem Vertrauenssystem, wo ich bin, denke ich nicht, dass meine Vorgesetzten das beachten werden. Aber solange man sich dem bewusst ist, dass das alles, was du tust und digital, also im Homeoffice an sich, wie mit einer Chipkarte, alles genau vermerkt ist und nachvollziehbar ist, ist das vielleicht eine Motivation auch für mich, nicht nur auf dem Bildschirm starrend zu Hause zu sitzen und in den letzten 10 Minuten vor dem Ausglocken noch zwei E-Mails rauszuschmeißen.

Niki:
Das sollte man sich wahrscheinlich vor Augen halten und immer wieder vor Augen halten, dass nichts von den Sachen, die man hier tut, wie man es mit Papier und Bleistift gewohnt ist, wo da am Ende nur das Ergebnis zählt, dass diese Sachen alle… …theoretisch nachvollziehbar sind. Aber klar, es ist ein wichtiger Anspruch. Ich persönlich bin kein besonders guter Homeoffice-Arbeiter, aber ich tue es auch immer wieder.

Richard:
Aber es ist ein interessanter Aspekt, an den ich so gar nicht gedacht habe, dass du ja eigentlich durch die Elektronik, durch die Digitalisierung viel mehr überwacht bist als vorher.

Niki:
Es ist vielleicht nicht immer einfach auslesbar und es ist, wenn es aus Vertrauensbasis ist, wahrscheinlich auch nicht notwendig oder vielleicht tut es dein Chef nicht, aber die Möglichkeit ist immer da und das sollte man sich vor Augen halten.

Richard:
Gut, Abschlussfrage. Wie siehst du für dich, vielleicht auch für deine Altersgenossensprechern, dass das arbeiten oder die Arbeit in, sagen wir, fünf bis zehn Jahren?

Niki:
Da kommen jetzt ganz große Brocken auf uns zu, die natürlich auch in aller Munde sind und das ist die künstliche Intelligenz. Der stupide Computer ist zwar immer noch stupide, aber er hat enormen Zugriff auf enorme Datenmengen, eigentlich auf alles, was die Menschheit die letzten Jahrzehnte ins Netz gestellt hat. All das ist abgreifbar und sofort berechenbar und auswertbar. Das heißt, viele der Jobs, die routinemäßig oder routinemäßige Jobs, viele davon können völlig von einer künstlichen Intelligenz übernommen werden beziehungsweise kann der den gleichen Job wie 20 Leute machen und du hast danach nur noch einen, der darüber schaut. Also hier wird es definitiv ein Umdenken geben. Wir haben auch das autonome Fahren. Das wird höchstwahrscheinlich in den nächsten Jahrzehnten kommen. Von Lieferdiensten zu Taxi-Services, glaube ich, haben wir nicht mehr große Aussichten, dass wir hier noch zukünftig Menschen in der, unter Anführungszeichen, ersten Welt diese Jobs noch länger machen werden.

Niki:
Das ist natürlich eine Übergangsphase, die kommen wird und auch da wird uns von den Medien und von den diversen Leuten, die daran arbeiten, viel versprochen und viel aufgehypt, was dann dabei wirklich rauskommt, vor allem wann es tatsächlich kommt. Das ist die nächste Frage. Aber die Arbeit, wie wir in der ersten Frage schon gestellt haben, stellt ja viele Säulen dar. Das ist ja nicht nur die Beschäftigung, sondern es ist das Tätigbleiben, das Gebrauchtwerden, das selber irgendwo Energie, Zeit und Kraft hineinzustecken, um etwas zu erschaffen. Und das muss nicht nur in der Selbstständigkeit sein, das kann natürlich auch in einem Konzern oder einem Unternehmen sein, wo man hilft, das mit aufzubauen.

Richard:
Für mich ein sehr schöner Abschluss, nämlich insofern, das ist ja im Prinzip das, was ich behaupte von älteren Menschen. Nämlich auch, wenn sie dann in die Pension gehen, in das vermeintliche Paradies Pension, dass das ja nicht nur toll ist, jetzt unabhängig vom Einkommen, sondern weil du gebraucht werden willst, weil du sichtbar bleiben willst, weil du mittun willst. Und das sind alles Argumente, die ich von dir als jungen Menschen so gar nicht erwartet habe. Aber es ist wunderbar, dass der Kreis sich schlägt. Und ich bin auch sehr positiv, dass Menschen in Zukunft arbeiten werden. Egal, ob die künstliche Intelligenz in den Jobs wegnimmt oder nicht, sie werden halt anders arbeiten.

Niki:
Genau, also ich denke auch, die Angst, dass Jobs weggenommen werden, ist nur die halbe Wahrheit, denn es wandelt sich ja. Viele der Jobs, die nicht mehr gebraucht werden, wird es neue Jobs geben, die danach viel mehr gebraucht werden.

Richard:
Lieber Niki, danke vielmals.

Niki:
Dankeschön.

Richard:
Danke fürs Reinhören in meinem Podcast. Mehr Informationen gibt es auf meiner Webpage richardkaan.com. Bis zum nächsten Mal.

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