
Die Arbeitswelt 50+ aus Sicht des internationalen Experten Gerald Harzl
Gerald Harzl ist HR-Chef von Magna Europa International; das heißt Herr und Verantwortlicher zu sein über zig-tausende Mitarbeitende. Menschen, die aus verschiedenen Kulturen stammen, und damit aus sehr unterschiedlichen Arbeits- und Lebenswelten. Wer, wenn nicht er, weiß bestens Bescheid, was Arbeiten und Personalführung heute heiß, insbesondere auch für Menschen jenseits der 50.
Transkript
Gerald Harzl:
Ich bin der Meinung, dass in einem funktionierenden sozialen Organismus eines Unternehmens Altersdiversität ein unheimlich wertvoller Schatz ist.
Richard:
Für
Richard:
Mein Buch über die Arbeitswelt 50 plus durfte ich eine Reihe von besonderen Persönlichkeiten interviewen. Herzlich willkommen, Herr Hansl. Vielen Dank, dass wir dieses Interview führen dürfen. Würden Sie uns bitte kurz erzählen, in welcher Firma Sie arbeiten und in welcher Funktion?
Gerald Harzl:
Also ich bin jetzt in der Funktion Vice President Human Resources Magna International Europe. Magna International ist ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, verantwortlich für die Corporate Organisation in Europa. Es ist wichtig dazu zu sagen, die Magna ist an und für sich ein dezentral geführtes, organisiertes Unternehmen mit verschiedenen Produktgruppen, Produktsparten, die alle samt global ausgerichtet sind. Das heißt, jede dieser Produktgruppen hat einen Footprint von Nordamerika über Europa bis nach Asien. Und dann gibt es eine relativ lange Corporate Organisation darüber und da gibt es eine Europa-Organisation, weil das Headquarter ja in Nordamerika ist, also Kanada und USA. Und da ist meine Verantwortung für alle, also gruppenübergreifend und auch länderübergreifend, für HR-Themen. Die aus der Magna Corporate Organisation. Also aus der Organisation heraus, gruppenübergreifend Prozesse, Guidelines, Policies zu vertreten, zu implementieren, anzupassen, auszupassen. Für wie viele
Richard:
Mitarbeiterinnen sind Sie verantwortlich?
Gerald Harzl:
Also in Europa beschäftigen wir derzeit rund 55.000 Mitarbeiter. Wenn ich das Skop Europa hernehme, die Corporate Organisation in Europa ist ca. 420 Mitarbeiter groß. Für
Richard:
Die sind Sie alle verantwortlich?
Gerald Harzl:
In einer dezentralen Organisation. Also es ist so, dass die Personalverantwortung für die einzelnen Standorte liegen bei den HR-Managern am Standort, die dann zusammengefasst in einer Gruppe, auch in der Verantwortung eines HR-Direktors üblicherweise in Europa liegt, die berichten innerhalb der Produktgruppe an das Business. Das heißt, der President oder der Regional Vice President, Operation oder was immer, ist der Business Leader. Wo auch die HR-Organisation ist. Wo die Organisation unterhalb angehängt ist. Und ich bin sozusagen in dieser Querschnittfunktion, in der Koordination und Abstimmung mit den regionalen HR-Direktoren verantwortlich dafür, die MAGNA-Programme sozusagen in der Region zu vertreten.
Richard:
Können Sie uns vielleicht ein oder das Highlight Ihrer beruflichen Laufbahn sagen?
Gerald Harzl:
Ja, ich glaube, da muss ich nicht allzu lange nachdenken. Das Highlight war im Jahr 2012, wo wir das erste Executive Talent Review Meeting mit unserem damaligen CEO, dem Don Walker, durchgeführt haben und wo er sozusagen das erste Mal als MAGNA-Chef Charts gesehen hat, wo die Top-Führungskräfte der gesamten Organisation drauf waren mit möglichen Nachfolgern. Also das war mit Sicherheit eines der Highlights, weil er das auch rückgemeldet hat. Er hat gesagt, das hätte er sich gar nicht erwartet. Dass er ein solches Highlight hat. Das war ein Ergebnis, das er auch erbringt.
Richard:
Erwarten Sie in näherer Zukunft maßgebliche Änderungen des Personalstandes? Nehmen wir unseren Bereich, zumindest Europa.
Gerald Harzl:
Europa. Ja, mit Sicherheit. Also jetzt abgesehen davon, dass wir natürlich genauso wie viele andere Unternehmen uns immer schwerer tun, Mitarbeiter in einer bestimmten Qualifikation mit einem bestimmten Skillset zu finden. Also da fischen alle ja im selben Teich und sind unterschiedlich erfolgreich. Ja. Aber ich erwarte auch, dass sich ein Trend noch fortsetzen wird, der nicht überall Freude erzeugt. Wir sehen, dass wir also in den letzten Jahren schon relativ deutlich Mitarbeiterstände, ich sage es einmal etwas neutraler, sich mehr und mehr nach Osteuropa in unserem Bereich shiftet. Gibt
Richard:
Es bei unseren Mitarbeiterinnen Mangel?
Gerald Harzl:
Das ist nicht der unmittelbare Grund, warum das passiert. Weil der Mangel ist derzeit ja in Europa. In Osteuropa ganz gleich. Also in Tschechien oder Slowakei oder in Polen ist es mittlerweile mindestens so schwer Mitarbeiter zu finden. Aber einen Mangel bei uns signifikant und nicht nur, was naheliegend ist, im Bereich der Softwareentwicklung und aller Funktionen, aller Jobs, die im Zusammenhang mit Digitalisierung jetzt enorm, einen enormen Bedarf auf verschiedensten Ebenen. Sondern mittlerweile ist es auch schon schwer, tatsächlich für unsere Fabriken Mitarbeiter zu finden.
Richard:
Was mag die Ursache sein, dass es diesen Mangel gibt?
Gerald Harzl:
Da gibt es, wie so oft, mehrere Ursachen dafür, aber wahrscheinlich ein signifikanter davon ist, dass das tatsächlich jetzt eintritt, was wir eigentlich seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten wissen, dass es demografisch einen Shift gibt. Und wir haben alle diese Pyramiden gesehen. Und das ist übrigens ganz interessant. Ja. Weil das noch nach Corona, jetzt nach der Pandemie, so massiv plötzlich aufgetreten ist. Nicht nur in Nordamerika, sondern auch bei uns. Und wo alle gesagt haben, wie gibt es das? Was ist jetzt passiert? Sind die Leute? Die können ja nicht alle verstorben sein. Wo sind die Leute? Wir haben keine Mitarbeiter mehr. Ganz interessant. Ich habe mir das ein bisschen angeschaut im Detail. Der Trend war vor Corona bereits da. Ja. Dann ist er durch diese zwei Jahre 2021 sozusagen unterbrochen. Weil es da natürlich in der Situation sich die Wirtschaft komplett in eine andere Richtung gedreht hat mit all dieser Volatilität.
Gerald Harzl:
Und für 2022, was dann eigentlich gekommen ist, ist nichts anderes als die genaue Trendfortsetzung von dem, was sich eigentlich seit 2018, 2019 schon immer deutlicher abzeichnet. Immer weniger arbeitsfähige Menschen, also im Alter, wo man üblicherweise einer Arbeit nachgeht. Diese Gruppe wird immer kleiner und gleichzeitig ist die Anzahl der Jobs und der Beschäftigung gestiegen. Also das sind schon mal zwei ganz wesentliche Faktoren. Und dann gibt es schon auch das Phänomen, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die früher nach Österreich gekommen sind, um hier Arbeit zu erledigen, offensichtlich nach der Pandemie tatsächlich nicht mehr zurückgekehrt sind. So
Richard:
Habe ich es auch gehört, zum Beispiel vom Arbeitsmarktservice, dass die sagen, dass sehr viele von diesen Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen nicht mehr zurückgekommen sind. Die sind dann dort geblieben, weil man sie auch dort gebraucht hat.
Gerald Harzl:
Genau. Das ist der wesentliche Punkt, dass sich sozusagen die Beschäftigungsmöglichkeiten auch in diesen Ländern deutlich gesteigert haben.
Richard:
Und die Leute mehr verdienen als zwei Haushalte zu führen, etc.
Gerald Harzl:
Wenn Sie in Tschechien vergleichen, das Lohnniveau, das ist noch immer unter dem Niveau von Österreich, ist keine Frage. Auch die
Richard:
Kosten sind ganz anders. Auch die
Gerald Harzl:
Kosten sind anders. Aber es ist nicht annähernd mehr so verschieden von unseren Lohnniveaus. Ja, das stimmt. Da
Richard:
Sind wir gleich beim Senioritätsprinzip in Österreich. Sie kennen es natürlich. Was halten Sie davon?
Gerald Harzl:
Das Senioritätsprinzip, dass man sich die Entgeltdynamik am Alter orientiert.
Richard:
Dass man es ersitzt.
Gerald Harzl:
Dass man es ersitzt, ja. Naja, bei allem Respekt, also ich kann das schon anerkennen, dass das zu Anspannungen kommt. Und wir erleben das ja auch im Unternehmen, dass, wenn wir bestehende Mitarbeiter haben und die natürlich nach einem bestimmten Schema bezahlen auch, ist es nicht überraschend, dass sozusagen, je länger man im Unternehmen ist, auch in einer höheren Einstufung im Unternehmen ist. Mittlerweile haben wir aber auch hin und wieder das Problem, dass wir, wenn wir auch vom Markt Leute reinnehmen, die lassen sich sozusagen nicht mehr in diese Staffelung hereinnehmen. Das heißt, wir nehmen manche Leute, die sich nicht mehr in diese Staffelung hineinnehmen. Das heißt, wir nehmen manchmal jüngere Leute mit weniger Erfahrung, mit möglicherweise auch einem geringeren Skillset, teurer rein als die Leute, die wir schon seit zehn Jahren beschäftigen. Ich
Richard:
Komme dann drauf bei New Work, bei der neuen Situation und den Spannungen, die sich daraus ergeben werden. Meinen Sie, dass Beschäftigte 50 plus bei uns ab und zu relativ zu teuer sind durch dieses Senioritätsprinzip? Muss
Gerald Harzl:
Man wahrscheinlich differenziert auch anschauen. Ja. Weil Faktum ist, dass Leute, die in Führungspositionen sind und dadurch ein höheres Einkommen erzielen und das sind sehr oft Leute, die auch schon etwas seniorer sind in der Organisation aufgrund ihrer Erfahrung, dass es einen guten Grund dafür gibt, dass man Führungspositionen etwas höher dotiert als andere Positionen. Also in dem Punkt ist es hochgradig gerechtfertigt. Das wäre
Richard:
Bei Führungspersonal.
Gerald Harzl:
Bei Führungspersonal. Und also eine generelle Aussage. Das mag der Fall gewesen sein in einer eingegrenzten Perspektive noch vor zehn, zwanzig Jahren, aber wenn man mittlerweile schaut, mit welchen Gehaltserwartungen auch junge Leute daherkommen.
Richard:
Relativiert sich
Gerald Harzl:
Das? Relativiert sich dieser Aspekt signifikant und dann gibt es noch ein paar andere Nebeneffekte, die dazu führen, dass man wahrscheinlich in einer längeren Betrachtung sagen muss, naja, ältere, also 50 plus Mitarbeiter sind sozusagen nur in einer Kurzarbeit. Das ist ein bisschen wie eine aussichtige Beurteilung teurer. Weil wenn ich jemanden Jüngeren, der etwas weniger Einkommen in den ersten Jahren bekommt und den aber dreimal durchwechseln muss und die ganzen Kosten, die damit in Verbindung stehen, wird es eigentlich manchmal teurer als erfahrene Menschen, die erfahrungsgemäß ja dann auch in einer anderen Lebensphase sind, andere Loyalität gegenüber dem Unternehmen mitbringen und so weiter und so fort. Also da gibt es keine einfache Antwort darauf.
Richard:
Aber zum Beispiel. Zum Beispiel in skandinavischen Ländern haben wir den Gap in der Seniorität ganz anders als bei uns. Bei uns ist es zwischen Jung und Alt ungefähr 60 Prozent. Für dieselbe Tätigkeit in Skandinavien ist es ungefähr 20 Prozent. Also das macht einen wesentlichen Unterschied aus natürlich.
Gerald Harzl:
Ja, wo gerade die Gehaltssysteme in den skandinavischen Ländern insgesamt ja eine ganz andere Logik und Dynamik drin haben, weil dort ist es ja auch der Einkommensunterschied zwischen einem Lehrer und einem Arzt ja wesentlich geringer als das bei uns zum Teil ist. Da klafft das ja gigantisch. Gibt
Richard:
Es bei uns oder auch in Ihrem Unternehmen die Möglichkeit, dass Ältere sagen, ich trete einen Schritt zurück in die zweite oder dritte Reihe, gebe Verantwortung ab, möchte aber noch dabei bleiben?
Gerald Harzl:
Das ist jedenfalls möglich und es wird vermutlich immer attraktiver werden als Themenstellung. Also nicht nur von Seiten des Unternehmens, das logischerweise ein immer höheres Interesse daran haben muss, dass man erfahrene Leute auch noch im Unternehmen halten kann. Aber immer höher ist das Interesse daran, dass man erfahrene Leute auch noch im Unternehmen hält. Im Lichte der veränderten Lebensbedingungen, auch der veränderten Lebenssituation von älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kann man davon ausgehen, dass wir uns sozusagen in einer Zeit befinden, wo das Image zurückzusteigen einen negativen Touch hat. Bei uns. Bei uns. Speziell. Ja. Sondern dass das eigentlich eine kluge Lebensentscheidung ist. Man hat in der Regel in der Alterskategorie 50 plus dann üblicherweise seine Lebenssituation irgendwie geordnet. Man muss nicht mehr sich beweisen die ganze Zeit. Man kommt auch mit weniger aus. Man hat also nicht mehr die großen Schuldenberge, sonst irgendwas. Also ich finde das eine hoch sinnvolle Anpassung, die wir nicht nur den Mitarbeiterinnen anbieten sollen, sondern auch das Unternehmen, was davon hat zu sagen.
Gerald Harzl:
Okay, du darfst auch vom Stundenvolumen her zurücktreten. Wir sind froh, dass wir die trotzdem noch haben. Wir können auch die Arbeitsplätze vielleicht so adaptieren, dass das sozusagen nicht nur als ein Entgegenkommen ist, sondern das auch sinnvoll ist und sich sinnvoll einbinden lässt in einen größeren Produktionszyklus, in einen Ablauf in der Organisation, in die Prozesse. Und by the way, ich glaube, dass flexiblere Zeitmodelle, die sind also nicht nur begrenzt, auf diese Gruppe der 50 plus Leute. Ich meine, der größte Arbeitsmarkt, das größte Arbeitsmarktpotenzial, das die Industrie hat, ist auch an Frauen noch mehr heranzukommen, attraktive Arbeitsplätze für Frauen zu haben. Da müssen
Richard:
Sie aber flexibler sein wahrscheinlich, weil Frauen auch einen anderen Anspruch haben, ob das jetzt Kinderversorgung, Frühstück oder was auch immer ist. Genau.
Gerald Harzl:
Also mein Punkt ist. Solange wir beispielsweise tabuisieren, dass eine Schicht muss von sechs bis zwei, von zwei bis zehn und von zehn, wenn man Nachtschicht hat, bis sechs in der Früh dauern. Es gibt nun einmal das Faktum, dass sich Mütter in der Regel um die Versorgung ihrer Kinder in den Kindergarten, in die Schule kümmern muss. Wenn die um sechs hier anfangen muss, dann wird die nie in einem Schichtbetrieb arbeiten können. Warum ist das nicht möglich, dass wir geteilte Schichten haben? Das heißt, dass wir Tätigkeiten im Unternehmen identifizieren, wo eine Mitarbeiterin um acht, um halb neun oder um neun ihre Schicht beginnen kann. Damit öffnet sich sozusagen das Tor in einen Job im Bereich der Industrie. Warum geht das beim BIPA? Warum geht das beim Spar? Warum geht das im Handel? Aber
Richard:
Nicht in der Industrie.
Gerald Harzl:
Aber nicht in der Industrie?
Richard:
Möglicherweise einfach, weil es gewachsen ist. Und es gibt ja einen ganz interessanten Ansatz, warum junge Mütter nicht arbeiten gehen. War ja vor kurzem eine Untersuchung, die wir publiziert haben. Weil es nicht die immer publizierte Situation ist, dass es keine Kinderversorgungsplätze gäbe. Nein, die Frauen bleiben, auch wenn es die Plätze gäbe, zwei, drei, vier Jahre zuhause. Das ist ja die typische Austriakum-Geschichte. Das ist
Gerald Harzl:
Anzuerkennen, wenn ich im internationalen Vergleich mir anschaue, wie die Regelungen in den verschiedenen Ländern sind, mit Müttern, jungen Müttern oder jungen Familien umzugehen, wie viele Möglichkeiten sie anbieten. Bieten sie überhaupt Möglichkeiten an, dass Väter auch in Karenz gehen können oder nicht? Dann sind wir in Österreich mit Sicherheit in einer Situation, wo die Möglichkeiten sehr großzügig ausgestaltet sind, einmal zu wählen, wie lange man vom Arbeitsprozess weg sein möchte. Auch mit den unterschiedlichen Varianten, bei welches Karenzmodell man sich entscheidet und so weiter und so fort. Da ist man nicht sicher, ob man es in Österreich nicht ein bisschen überzogen hat, muss man ganz ehrlich sagen. Dass man mehr oder weniger mit sieben Jahren einer Garantie vielleicht den Arbeitsplatz, den einen oder anderen dazu bringt, dass er schon besorgt sich die Frage stellt, wenn er Mitarbeiter heirt, okay, das ist eine junge Frau, da kommt möglicherweise ein Risiko daher, nehme ich doch lieber den Mann.
Gerald Harzl:
Also das, was eigentlich gut gemeint im Sinne der Unterstützung von Familien war, aber das passiert bei unserer Gesetzgebung an anderen Ecken ja auch so, man intentiert eigentlich einen positiven Effekt, um besonderen Schutz oder besondere Unterstützung für eine Gruppe angedeihen zu lassen. Das
Richard:
Geht manchmal nach hinten raus.
Gerald Harzl:
Schauen Sie sich das Behinderteneinstellungsgesetz oder solche Dinge an. Man möchte über den Kündigungsschutz sicherstellen, dass ein Unternehmen nicht irgendwie grundlos, nur weil es ein bisschen schwierig ist, dann die Leute wieder rausschmeißt. Die
Richard:
Unternehmen schmuggeln sich vorbei an dem und sagen, ich will gar keinen
Gerald Harzl:
Aufnehmen. Genau, weil das so schwierig ist, dass, wenn ich ein echtes Problem habe, wieder ein Beschäftigungsverhältnis auch wieder beenden kann, stelle ich gar keinen an und so immer diese Ausgleichstaxe. Gibt
Richard:
Es bei Ihnen Betriebskindergärten?
Gerald Harzl:
Ja, es gibt Betriebskindergärten. Da muss man ganz genau hinschauen. Wir haben, ich glaube, zwischen 60 und 70 Standorte in Europa und wir haben, ich kenne drei Betriebskindergärten. Das ist der eine hier bei der Magna Steier in Graz, die haben einen wunderbaren Kindergarten vor einigen Jahren gebaut, ist also noch gar nicht so alt, vielleicht zehn Jahre her, wenn ich schätze. Dann gibt es ein solches Projekt auch in Larnach draußen bei der Powertrain, da gibt es auch einen Betriebskindergarten, den man intelligenterweise mit einem externen Anbieter betreibt und der Kindergarten ist auch… Auf Macht, oder? Der Kindergarten ist auch lokal in einem betreuten Seniorenheim, wo sozusagen auch die älteren Leute mit den Kindern in Kontakt kommen. Vorragend. Also ein relativ gelungenes Konzept und dann haben wir in Deutschland einen Standort in der Nähe von Stuttgart, die haben dort, unheimlich genial, sozusagen nach dem Empfang stehen schon die Bobbycars und so weiter herum, weil unmittelbar nach dem Eingang ins Werk ist zuerst einmal der Kindergarten, also auch sichtbar.
Gerald Harzl:
Ja. Wo die Eltern beim Vorbeigehen auch einen Blick auf ihre Kinder werfen können. Also auch
Richard:
Nach außen hin kommuniziert ist
Gerald Harzl:
Sehr gut. Aber direkt integriert in den Betrieb, also dort gehen wirklich die Leute rein und geben ihre Kinder ab und gehen dann ins Büro. Also das ist sensationell, man muss nur fairerweise dazu sagen, wir haben das zum Beispiel in München, da haben wir ein neues Büro 2019 eröffnet, mehr als tausend Arbeitsplätze. Wir hatten auch die Absicht dort einen Kindergarten mit zu planen. Sind aber… Ja. Und bei der Komplexität und den Anforderungen, die in München für den Betrieb, also ich eine Kinderbetreuungseinrichtung, haben wir dann resigniert und gesagt, nein, es ist wahrscheinlich sinnvoller, mit bestehenden Kindergärten zu kooperieren, als sich selbst so ein Konzept in einem Betrieb zu verwirklichen, weil da sind unheimliche Anforderungen und Auflagen.
Richard:
Selbst bei tausend Mitarbeitern. Selbst
Gerald Harzl:
Bei tausend Mitarbeitern ist mir zum Schluss gekommen, wir versuchen das über externe Partner zu realisieren. Weil einen Kindergarten zu betreiben, das ist ja eine große Herausforderung. Das ist also keine triviale Geschichte.
Richard:
Gehen wir jetzt zu den Beschäftigten 50 plus. Wie wichtig sind Ihrer Meinung nach in Ihren Unternehmungen Mitarbeiterinnen über 50?
Gerald Harzl:
Na ja, schauen Sie, das ist eine Frage, die rhetorisch ist, weil wir haben also Mitarbeiterinnen in allen Altersgruppen, auch in unseren Betrieben gibt es eine Ansammlung von Babyboomern und älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in Richtung Ruhigkeitsgruppe sind. Das heißt, dass wir einen Ruhigkeitsstand noch ein paar Jahre haben. Zu
Richard:
Denen kommen wir dann gleich.
Gerald Harzl:
Zu denen kommen wir noch. Also ich bin der Meinung, dass in einem funktionierenden sozialen Organismus eines Unternehmens Altersdiversität ein unheimlich wertvoller Schatz ist.
Richard:
Wo liegen die Potenziale der Älteren Ihrer Meinung nach?
Gerald Harzl:
Na ja, das erste, was dazu wohl zu assoziieren ist, ist Leute, die schon länger und wenn man jetzt auch noch unterstellt, dass die vielleicht sogar noch länger in dem Betrieb schon sind. Also auch da könnte man noch einmal differenzieren. Die haben halt verschiedene Dinge in dem Unternehmen schon kennengelernt, waren schon mit Problemstellungen, mit Höhen und Tiefen konfrontiert und haben aufgrund ihrer Lebenserfahrung vermutlich einen etwas abgeklärteren Blick auf was immer an Herausforderungen in unserem Unternehmen besteht. Also eine längere Berufserfahrung ganz allgemein, eine längere Lebenserfahrung. Und die Menschen, die schon durch verschiedene persönliche oder berufliche Krisen gegangen sind, sind üblicherweise etwas gefestigter,
Richard:
In
Gerald Harzl:
Ihrer Einschätzung von Situationen, sind möglicherweise etwas weiser in der Suche nach Lösungen für Probleme, sind auch wahrscheinlich von ihrer Persönlichkeit oft diejenigen, denen dann auch eher zugetraut wird, wo dann halt die anderen Leute sagen. Na ja, was sagst du dazu? Du hast ja möglicherweise hier eine derartige Situation schon einmal erlebt, ja. Und dann gibt es natürlich auch noch andere Sachen. Also es gibt ja, ist ja hochinteressant, wenn man da ins Detail reinschaut, es gibt sozusagen die Vermutung, dass ältere ArbeitnehmerInnen beispielsweise aufgrund des Alters und altersbedingter Erkrankungen öfter im Krankenstand sind und vielleicht anfälliger sind und öfter ausfallen und die Daten aus Untersuchungen, die man dann auch noch mal ausprobieren kann, die sich das genauer angeschaut haben, kommen zu dem Schluss genau umgekehrt. Sprechen dagegen. Sprechen genau dagegen, ja. Also eher junge Leute scheinen anfälliger zu sein oder häufiger durch krankheitsbedingte Abwesenheit aufzufallen als ältere MitarbeiterInnen und das scheint ja wohl auch so zu sein, dass Leute in einem bestimmten Lebensalter insgesamt einen anderen Blick auf ihre Tätigkeit, auf ihren Job legen, dem ein anderes Gewicht geben.
Gerald Harzl:
Und möglicherweise auch die loyaleren Mitarbeiter sind, wo man weniger Sorge haben muss, dass die jetzt noch alle zwei, drei Jahre sich einen neuen Job suchen.
Richard:
Ist also unwahrscheinlich in dem Alter. Haben Sie, glauben Sie, dass diese Menschen besondere Bedürfnisse haben?
Gerald Harzl:
Davon gehe ich aus.
Richard:
Die wären zum Beispiel und was tut Ihre Firma dafür?
Gerald Harzl:
Ja, also das Schema, das wir sozusagen anbieten und das ist eine der Herausforderungen. Natürlich, wenn man ein Unternehmen, eine Organisation, eine Firma, eine Firma hat, eine Organisation gestalten möchte, wäre es am einfachsten, wenn Menschen wie triviale Maschinen sozusagen alle nach einem bestimmten Muster funktionieren würden. Das ist aber wohl nicht
Richard:
So.
Gerald Harzl:
Das wäre einfacher zu planen, es wäre einfacher zu kommunizieren, es wäre einfacher, sich an Problemstellungen heranzutasten. Das ist de facto nicht der Fall. Also ich kann mir gut vorstellen und ich höre das ja auch von Kolleginnen und Kollegen, dass es immer mehr Leute gibt. Die sagen, wenn ich die Wahl habe zwischen Zeit und Geld, ist mir die Zeit eigentlich mittlerweile wichtiger. Das wird nicht jeder, jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter in jeder Lebensphase so sagen. Aber ich glaube, mit zunehmendem Alter, mit zunehmender Gesetteltheit im Lebensalltag und so weiter, verstehe ich ganz gut, dass Leute sagen, ich brauche vielleicht ein bisschen mehr Pausen. Mir ist ein Tag, mir ist ein Acht-Stunden-Tag. Oder ein Zehn-Stunden-Tag, wie es ein junger Mensch vielleicht noch ohne Probleme hinkriegt, das ist mir zu viel. Ich würde lieber sechs Stunden arbeiten und meine Energien anders einteilen, möglicherweise auch andere Jobs machen. Nicht mehr, also jetzt sehen wir mal ab von dem, was naheliegend ist, Jobs in der Produktion, wo auch wirklich physiologische Inanspruchnahme durch eine Tätigkeit mit Gewicht, Überkopf, oder ergonomisch unvorteilhaften Arbeitsprozessen, dass man als Mensch, der schon 50 Jahre gearbeitet hat oder 55 Jahre, nicht mehr ganz so fit ist für solche Tätigkeiten.
Gerald Harzl:
Da muss man schauen, Gott sei Dank sind wir in einem großen Unternehmen, da haben wir auch andere Arbeitsplätze, wo man auf solche Dinge, aber wenn man das jetzt mal ausblendet, ich gehe davon aus, dass das Lebensalter von Menschen nicht nur eine andere Persönlichkeit bei diesen Menschen bringt, sondern auch eine andere Erwartung an diese Menschen.
Richard:
Wird das abgefragt, werden diese Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter im etwas höheren Alter abgefragt?
Gerald Harzl:
Nicht systematisch, ich weiß, dass es insbesondere in dem Unternehmen beispielsweise Thema war schon vor 15 Jahren, sogenannte beispielsweise Frauenarbeitsplätze einzurichten, aber auch für ältere ArbeitnehmerInnen Arbeitsplätze einzurichten, dass man also schon den Fokus hat und sagt, okay, für welche Tätigkeiten wäre es sinnvoll, MitarbeiterInnen einzusetzen, die den unmittelbaren Anforderungen auf diesem Arbeitsplatz besser entsprechen können, als das ein junger Mitarbeiter bewältigen kann. Also weniger im Sinne von explorativ vorausschauend als reagierend auf
Richard:
Die Anfragen. Wie setzen wir sie ein? Genau.
Gerald Harzl:
Und auch auf Anfragen von den Mitarbeitern, denn die Mitarbeiter kommen ja auch und artikulieren sozusagen diese Wünsche und ich glaube, da ist das Unternehmen relativ stark, dann auf diese Wünsche eingehen zu können und sowas umsetzen
Richard:
Zu können. Wenn sie artikuliert werden. Wenn sie artikuliert werden. Ist das auch implizit abgefragt? Eher nein. Eher
Gerald Harzl:
Nein.
Richard:
Nehmen Sie BewerberInnen im Alter von 50 plus auf?
Gerald Harzl:
Mit Sicherheit. Also da gibt es mit Sicherheit kein und es wäre absurd, also keine Haltung.
Richard:
Es gibt eh wenig und ohne dies wenige am Markt. Also wenn
Gerald Harzl:
Man sagt, ich hätte gern, dass die jünger sind als 50 Jahre und dann hätte ich vielleicht auch noch gern, dass Muttersprache deutsch ist und dann hätte ich noch gern, dass jemand möglicherweise in der Umgebung lebt und wohnt. Also das ist ja absurd.
Richard:
Haben wir nicht mehr. Haben wir nicht mehr. Gehen wir, versuchen wir jetzt die Position zu wechseln aus der Sicht der Betroffenen heraus. Ja. Was meinen Sie wäre aus Sicht der ArbeitnehmerInnen 50 plus besonders wichtige Faktoren für ein zufriedenes und effizientes Mitarbeiten in einem Unternehmen? Also
Gerald Harzl:
Etwas abstrakt würde ich sagen, in einem Unternehmen zu arbeiten, das einen Bestandteil der Kultur hochhält, dass Diversität im Arbeitsleben einmal erwünscht ist und etwas ist, was man ganz gezielt und bewusst fördern möchte. Das ist ein bisschen abstrakt. In diese Diversität würde ich dann natürlich insbesondere sagen, als ältere ArbeitnehmerInnen nicht das Gefühl zu haben, dass man hier nicht mehr gerne gesehen ist, dass man irgendwie als MitarbeiterIn, MitarbeiterInnen, bei der 2. Klasse behandelt wird, dass man keinen Zugang mehr hat für Weiterbildungsveranstaltungen, um ein Beispiel rauszuziehen. Ich würde aber noch einmal auf den Punkt hinweisen, wo es da keinen negativen Touch hat, zu sagen, ich würde gerne zurücksteigen. Zurücksteigen kann ja auch bedeuten, also nicht nur vom Pensum der Arbeitszeit, sondern auch von der Bedeutung einer Position im Unternehmen, von einer Führungsposition möglicherweise auch rauszugehen und zu sagen, ich mag eigentlich diese Art von Job gar nicht mehr machen, ich würde gerne eine andere Tätigkeit, eine andere Arbeit erbringen.
Gerald Harzl:
Und wenn Sie fragen, was ist sozusagen aus der Sicht der Mitarbeiter hier, was könnte hier eine Erwartung sein? Ich gehe davon aus, dass MitarbeiterInnen sich erwarten, dass Älterwerden in diesem Betrieb möglich ist, dass man ungeachtet seines Alters sich wertgeschätzt fühlt in dieser Organisation, dass man individuelle Wünsche einer Andersgestaltung des Arbeitsinhalts oder des Arbeitsprozesses, sozusagen nicht als Störung im Betrieb primär mehr wahrnimmt, sondern als eine legitime Anforderung an ein Unternehmen, das sich neuen Arbeitsrealitäten aufgeschlossen gegenüberzeigt.
Richard:
Ein bisschen flapsig gefragt, können Sie das leisten?
Gerald Harzl:
Eingeschränkt ja, da bin ich davon überzeugt. Also ich glaube, dass sich da Unternehmen, das ist zweischneidig, ich glaube, dass ein kleineres Unternehmen, das sozusagen in der Anzahl der Ausweichmöglichkeiten oder der Möglichkeiten, was abweichend zu gestalten, prinzipiell einmal viel schwerer tun, weil es nicht so viele
Richard:
Möglichkeiten haben. Wir haben ein viel breiteres Angebot.
Gerald Harzl:
Das ist natürlich gleichzeitig auch die Krux dabei. Also ich glaube, wir tun uns leichter, weil wir ein so großes Unternehmen sind und dass größere Betriebe sozusagen viel eher sozusagen solche Nischen auch entwickeln können und solche Angebote etablieren können. Was natürlich die Hürde dabei ist, dass je größer das Unternehmen, desto mehr Schema F.
Richard:
Strukturen, die dem
Gerald Harzl:
Entsprechen könnten. Strukturen. Da braucht es sozusagen einfach die Bereitschaft und den Mindset dazu zu sagen, wir machen das auf.
Richard:
Hat sich das geändert in den letzten 10, 20 Jahren?
Gerald Harzl:
Ah ja, ich sage ja. Also es hat sich insgesamt sozusagen die Welt der Arbeit hat sich verändert, ist dabei, sich signifikant zu verändern. Das ist etwas, wo manche gerne noch das Bild strapazieren. Können wir jetzt die Pause da machen? Können wir die Taste wieder lösen? Weil Corona hat jetzt sozusagen eine Situation gebracht. Und hold. Jetzt gehen wir das mal an hold und jetzt schalten wir wieder ein und alles geht wieder so weiter, wie es vorher war. Das wird nicht mehr so sein. Also ich glaube, dass Unternehmen, also nicht alle kriegen das wirklich sauber in ihren Köpfen und fühlen sich noch nicht ganz wohl damit. Aber vom Grundtenor hat ein Unternehmen heute ja gar keine andere Wahl, als sich diesen veränderten Bedingungen anzupassen.
Richard:
Gut, dann kann man mit hinhaltendem Widerstand oder mit Überzeugung agieren. Ja,
Gerald Harzl:
Also ich habe mich dafür entschieden, auf die Seite der Überzeuger und der Überzeugten mich zu begeben und einfach anzuerkennen. Vielleicht kommt mir da auch entgegen, dass ich selber sozusagen schon in dieser von Ihnen besagten Arbeitsgruppe oder Zielgruppe mich seit längerem schon befinde. Und
Richard:
Auch Ihre Geschichte spielt sicher auch eine Rolle dabei.
Gerald Harzl:
Möglicherweise, möglicherweise. Aber ich erachte es als Personalverantwortlicher natürlich als meine Aufgabe, all unsere Planer, zu challengen, die sozusagen ihre Muster aus gutem Grund, die machen das ja nicht, weil sie bösartig sind, sondern die versuchen sozusagen bestmöglich Komplexität zu reduzieren. Wir müssen uns mit höheren Komplexitäten einfach auseinandersetzen, wenn wir sozusagen auf dem Standpunkt stehen bleiben, wir passen uns nicht an und entweder das passt,So wie wir unsere Arbeitszeiten gestalten, oder du kommst halt nicht zu uns, dann
Richard:
Bauen
Gerald Harzl:
Wir keine Autos mehr, also das wird nicht mehr funktionieren. Gut,
Richard:
Gehen wir zu den noch älteren, 60, 65. Wie wichtig, glauben Sie, sind in Ihrer Firma Beschäftigte kurz vor oder vielleicht schon in der Pension?
Gerald Harzl:
Naja, da wäre jetzt natürlich super hilfreich, wenn ich da jetzt Zahlen im Kopf hätte, wie stark uns das jetzt betrifft. Im Schnitt an bestimmten Standorten wird es wahrscheinlich variieren, aber das, was ich vorher schon gesagt habe zur grundsätzlichen Bedeutung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt natürlich auch und insbesondere für diese Gruppe. Aus meiner Perspektive gibt es nach wie vor unterschiedliche Gruppen auch von älteren Arbeitnehmerinnen. Da gibt es die, die sozusagen die Tage nach unten zählen und sich wünschen in den wohlverdienten Ruhestand so früh wie möglich. Als
Richard:
Paradiespension.
Gerald Harzl:
Genau, endlich ins Paradies entlassen zu werden, sich hoffentlich dafür Pläne machen und nicht Gefahr laufen, dann in das schwarze Loch reinzufallen. Das sind
Richard:
Allerdings die Mehreren.
Gerald Harzl:
Ja, was ich auch hochinteressant finde. Ich denke ja wirklich erst seit sehr kurzer Zeit über das Thema Pension für mich persönlich überhaupt nach und mir fehlt derzeit noch das Verständnis dafür, wie man diesen Zustand als wirklich so bedrohlich erleben könnte. Aber vielleicht ändert sich das. Auch je näher ich dran komme. Aber es gibt natürlich auch die, die eigentlich sich so hochgradig mit ihrer Arbeit, mit ihren Kollegen und mit den Unternehmern identifizieren, dass die gar nicht daran denken wollen aufzuhören und die sich durchaus vorstellen können und sich auch wünschen würden, weiter aktiv zu sein, weil sie sich halt, bevor sie sich irgendein anderes künstliches Hobby suchen, sagen, eigentlich interessiert die Arbeit am meisten.
Richard:
Beschäftigen Sie solche Menschen über die Pension hinaus?
Gerald Harzl:
Das sind natürlich eher Einzelfälle. Also da gibt es kein Programm dafür, dass wir sagen, wir haben ein spezielles Programm für Leute, die eben nicht in Pension gehen wollen. Aber ich kenne persönlich einige Beispiele, wo wir Leute aus der Pension zurückgeholt haben. Da ist es halt sehr oft der Fall, da gibt es Wissensträger und die gehen in Pension und da entsteht tatsächlich ein Problem, wenn die weg sind, weil das waren die Einzigen und die haben nicht, dass die ihr Wissen sozusagen mitgenommen haben. Wenn die Pension und alles daran gesetzt haben, dass das nicht übergebbar ist an andere. Die haben einfach so ein breites, verzweigtes, vernetztes Wissen über das Unternehmen, aber über ein bestimmtes Sachgebiet, wo man sagt, das ist ein echtes Loch, was da entsteht und die holen wir dann wieder zurück.
Richard:
Stichwort Hubble-Teleskop, glaube ich, das war ja auch so ein Fall. Das konnte von den modernen Programmierern nicht mehr quasi instand gesetzt werden. Das heißt, sie mussten die ehemaligen Mitarbeiter, um nicht zu sagen, hexumieren, damit die wieder kommen und haben es dann instand gesetzt.
Gerald Harzl:
Also das findet mit Sicherheit bei ganz spezifischen Qualifikationen und Positionen im Unternehmen immer wieder auch statt, wo man auch versucht, das sozusagen noch hinauszuschieben. Das sind aber
Richard:
Einzelfälle.
Gerald Harzl:
Ja, das ist also nicht ein Programm, derzeit kein Programm, darüber nachzudenken, okay, das sind die Jobs, die wir anbieten müssen, das sind die Leute, die wir dafür haben. Wie viel an dem Gap, den wir derzeit vorstellen, könnten wir unter Umständen rausholen aus dem Pouvoir von… Von Leuten, dass die später in Pension gehen. Ich meine, schauen Sie sich an, was in Frankreich gerade abspielt.
Richard:
Was halten Sie von der Idee, den Pensionistinnen so nach sechs Monaten, neun Monaten wieder ein Angebot zu machen und zu sagen, wie schaut deine Situation jetzt aus, magst du nicht wieder für uns tätig sein, einen Tag, zwei Tage Projekt bezogen?
Gerald Harzl:
Coole Idee. Die Frage, die sich mir stellt, ist das etwas, was sich mit der derzeitigen gesetzlichen Lage irgendwie in Einklang bringen lässt? Da ist ja diese Zuverdienstgrenze sehr,
Richard:
Sehr
Gerald Harzl:
Knapp gesetzt.
Richard:
Da hoffen wir ja alle, dass sich das bald ändert, aber vom Prinzip her, nämlich, dass man das institutionalisiert, dass man sagt, pass auf, liebe Leute, wir haben heute eine neue Situation. Wir brauchen euer Wissen, wir brauchen eure Talenterfahrung. Ihr habt jetzt vielleicht eine andere Lebenssituation als vor einem Jahr, weil die Gefahr besteht, nach zwei Jahren, was ich in meiner Erfahrung jetzt zeige, ist es vorbei. Dann kriegst du es, Leute, nicht. Ja, dann haben sie sich an eine neue Situation gewöhnt, wenngleich vielleicht auch nicht alle erfreut sind darüber. Aber es geht dann nicht mehr.
Gerald Harzl:
Ich gebe Ihnen ein ganz konkretes Beispiel. Wenn immer wir Schichtmodelle diskutieren und auch die Frage erörtern, warum sollte das eigentlich bei uns nicht möglich sein, dass wir eine Viertagewoche einführen in einem Schichtbetrieb? Weil das heißt ja nicht, dass wir nur mehr bis Donnerstag produzieren, sondern wir haben einfach Dienstpläne, die sich so verteilen, dass jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter dann irgendwann einmal einen Tag, also arbeitet vier Tage, arbeitet vielleicht auch einmal sechs Tage, aber dann ist zusätzlich frei und es geht sich sozusagen im Schnitt
Richard:
Rechnen. Jetzt haben Sie ja auch die zehn Stunden, die Sie hier arbeiten dürfen, als Vorteil. Genau. Und jedes
Gerald Harzl:
Mal, wenn wir solche Fragen diskutieren, kommt unisono die wirklich heiklen Schichten sind, die der Freitagnachmittag beginnt schon und der Samstag ist ganz mühsam. Also wenn wir mal einen Peak haben und sagen, hey, wir müssen noch arbeiten, eine solche Schicht vollzukriegen, da gibt es unheimlich viele. Leute, die damit gar nichts anfangen, also nur mit Widerwillen und so weiter. Also ich kenne einen Unternehmer, der sagt, wir beschäftigen jeden Sommer Ferialpraktikanten, damit unsere Leute Urlaub geben können, zum Ausfüllen der Lücken. Mittlerweile bieten wir denen systematisch die Samstagsschichten an, auch in der Zeit, wo sie studieren und die füllen uns, die kennen sozusagen den Job, den haben sie schon gelernt, die füllen uns diese Lücken und wir haben wesentlich weniger Stress jetzt damit, dass wir unsere Belehrungen, die wir haben, nicht geschafft, sozusagen am Samstag zu Zusatzschichten.
Richard:
Man könnte sehr weiter denken, auch für die älteren Mitarbeiter, dass sie den fünften Tag quasi füllen, wenn sie wollen. Genau,
Gerald Harzl:
Deswegen bringe ich ja diesen Gedanken. Also ich versuche mich jetzt reinzuversetzen. Ich verstehe, dass für eine Familie ein Samstag wahrscheinlich schwieriger darzustellen ist, dann doch eine Schicht noch zu machen. Und manchmal läuft das ja über Wochen, dass sozusagen dann jeder Samstag möglicherweise auch noch drankommt. Als für jemanden, der sagt, ich bin in Pension. Egal, ob das der Samstag ist, der Montag oder der Dienstag, ist mir egal, ich könnte zum Beispiel so einen Tag füllen, wenn es um einen Tag geht. Also das ist durchaus denkbar, auch prinzipiell ein solches Angebot zu unterbreiten und ich kann mir durchaus vorstellen, dass das ein sinnvoller Gedanke ist.
Richard:
Wo meinen Sie bleiben oder wo sind die, was können die Best Ager, was können sie beitragen? Wenn wir Best Ager, also die, die quasi jetzt in Pension gegangen sind. Was könnten die zum Unternehmenserfolg beitragen?
Gerald Harzl:
Die könnten vermutlich, wenn das noch nicht zur vollen Zufriedenheit gelungen ist, Wissen anbieten, Erfahrung anbieten und die weitergeben an jüngere Kolleginnen und Kollegen, die einfach auf diesen Erfahrungsschatz nicht zurückgreifen können. Nicht, weil sie nicht schlau sind, nicht, weil sie gut ausgebildet sind, sondern weil Erfahrung lässt sich sozusagen nicht erkaufen. Also ich glaube, das ist der Wesentliche. Das ist der wesentlichste Beitrag und sie könnten einen kulturellen Beitrag leisten im Sinne der Diversität in einem Unternehmen, altes, gemischtes Arbeiten, genauso wie wir lernen haben müssen in einer sehr testosteronschwangeren Organisation der Automobilindustrie.
Richard:
Die Frauen kommen in Teams. Wie sich das
Gerald Harzl:
Klima verändert, wenn wir Frauen, mittlerweile ist es selbstverständlich, dass Frauen in der Produktion mitarbeiten. Ist
Richard:
Ja auch viel produktiver, wie man festgestellt hat. Ja. Also bei den Alten kann ich Ihnen wieder erzählen von dem, was ich in den vielen Interviews auch gelernt habe dabei, dass durchwächst altes, gemischte Teams, vor allem auch, wenn sie wirklich Alte dabei haben und die wollen, wesentlich effizienter arbeiten, weil die Reibungsflächen geringer sind, weil der Ausgleich da ist, weil die Ruhepole da sind, weil das Seelenklo da ist, wo man hingehen kann etc. Ja,
Gerald Harzl:
Also das kann man durchaus vorstellen.
Richard:
Wir waren vorher.
Gerald Harzl:
Ich muss Ihnen übrigens dann noch unbedingt die Frage stellen, ob Sie die Vollpension, die Sie schon kennen, dieses Unternehmen in Wien, wo…
Richard:
Biffl-Berzovic. Der Sohn von Peter Biffl-Berzovic hier in Graz, der führt das in Wien.
Gerald Harzl:
Okay. Das ist eine
Richard:
Erfolgsgeschichte.
Gerald Harzl:
Eine Erfolgsgeschichte Omis und Opis, da sind ja Männer dabei und nicht nur Omis, die Kuchen backen, in einer Unternehmensidee, einerseits vor Armut zu schützen, indem sie sich was dazu verdienen können, weil das sind Armutsgefährdete mit sehr geringen, niedrigen Pensionen und gleichzeitig denen eine Aufgabe, eine Aufgabe zu geben, was Sinnvolles zu machen, dass die gerne machen, sie sozial einzubinden und die Leute stürmen durch diese Vollpension.
Richard:
Einmal ist gescheitert, einmal gescheitert, typisch österreichische Geschichte, Sie sind an Formalismen gescheitert, haben dann noch einmal begonnen und ist jetzt eine Erfolgsgeschichte. Ich erzähle Ihnen nachher dann noch eine Geschichte von, erinnern Sie mich an das Stichwort Rosie. Ja. Was meinen Sie, und wir haben es vorher kurz angesprochen, wird in Regelpension beim Zuverdienst, von Wiederbeschäftigten an Steuern und Abgaben abgezwickt. Was schätzen Sie? Was müssen Leute, die in Regelpension sind, an Abgaben zahlen, wenn sie zum Beispiel geringfügig dazu verdienen? Die müssen,
Gerald Harzl:
Glaube ich, dann wieder Pensionsversicherungsbeiträge zahlen, Sozialversicherungsbeiträge. Meinen Sie jetzt den Prozent?
Richard:
So mit der Abgabe. Von 500 Euro, die er dazu verdient.
Gerald Harzl:
Hätte ich jetzt einmal geschätzt, dass 200, 250 weggehen.
Richard:
Es ist nicht ganz so viel, bei 500 sind es ungefähr 36 Prozent.
Gerald Harzl:
36 Prozent, okay. Ich wäre ein Radikaler gewesen, wie
Richard:
Ich
Gerald Harzl:
Unser Land einschätze.
Richard:
Allerdings, wenn der 1.000 Euro dazu verdient, zusagen wir 2.000 Euro Regelpension. Was zahlt er dann?
Gerald Harzl:
Da gibt es wahrscheinlich dort genauso eine Progression in den… 56 Prozent, also fast 60 Prozent.
Richard:
Und das ist natürlich, also mir sagen die Menschen, ich bin ja nicht deppert, dass ich für den Finanzminister arbeiten gehe.
Gerald Harzl:
Ja.
Richard:
Wechseln
Gerald Harzl:
Wir. Das ist das gleiche Problem wie, wenn Leute sozusagen erfolgreich mit irgendeiner Mindestsicherung, nebenbei sich was dazu verdienen können und so geringe Grundeinkommen haben, dass sie sagen, meine Pfusch, bleibt mir mehr.
Richard:
Wechseln wir nochmals die Position jetzt und sehen wir uns in der Rolle der Pensionisten und Pensionistinnen. Glauben Sie, dass im Pensionbefindliche ganz allgemein noch in irgendeiner Funktion oder einem Arbeitsmodell würden arbeiten wollen?
Gerald Harzl:
Also das nehme ich einmal an, für den Großteil der Menschen ist das wahrscheinlich ein Anliegen. Das kann man ja auch sagen. Könnte man gut vorstellen.
Richard:
Also Großteil, haben wir herausgefunden, ist es nicht. Es gibt von Seniors for Success, gibt es eine wissenschaftliche Untersuchung, dass rund 35 Prozent der im Pensionbefindlichen wieder gerne arbeiten würden wollen. Aber auch das ist die Frage, wie weit weg sind sie von der Pension? Okay. Nicht danach oder erst deutlich später. Aber selbst, wenn es nur 25 sind, ist das schon sehr viel. Ich habe
Gerald Harzl:
Insbesondere den Fokus gehabt im Sinne des sozialen Eingebettetsein. Also wirklich. Groß ist das Interesse, aber das kann man sich natürlich außerhalb der Arbeit auch organisieren. Das Risiko der sozialen Vereinsamung für jemanden, der 30 Jahre, 35 Jahre seiner Arbeit nachgegangen ist, dass hier der Anteil der Menschen möglicherweise höher ist, die da ein Bedürfnis erleben. Man
Richard:
Muss das differenzieren. Bei Frauen ist es deutlich geringer, weil die viel mehr Sozialleben haben als Männer, deren Sozialleben sich hauptsächlich aus ihrem Berufsumfeld rekrutiert. Und denen fällt aber dann relativ bald die Decke auf den Kopf. Ja,
Gerald Harzl:
Ja. Also Sie wissen mehr über die schichtspezifischen…
Richard:
Ich versuche mich intensiv damit zu beschäftigen. Was meinen Sie, sind die größten Hindernisse, dass Ältere nicht mehr arbeiten?
Gerald Harzl:
Also eines haben wir ja schon genannt. Das ist die Frage, ob sich das rentiert. Wahrscheinlich noch schwerwiegender ist, gibt es überhaupt Angebote dafür, adäquate? Also wer bietet sowas an? Wäre
Richard:
Ein Fall für die Magna zu sagen, wir bieten an?
Gerald Harzl:
Ich kann mir das vorstellen. Das ist sicherlich etwas, was auch in der Organisation positive Resonanz erzeugen könnte. Vielleicht kann ich
Richard:
Ihnen da helfen. Tun Unternehmen ganz generell aus der Sicht der ArbeitnehmerInnen wiederum in Pension genug, um Beschäftigung wieder anzuregen?
Gerald Harzl:
Also wir haben dafür im Moment kein systematisches Programm oder keinen systematischen Ansatz. Sie sind nicht allein damit, aber… Ich würde sagen, nein, wahrscheinlich nicht. Ich bin immerhin schon froh darüber, dass wir uns jetzt sehr intensiv mit dem Thema Wie bringen wir mehr Frauen in die Automobilindustrie beschäftigen? Aber das ist also eine Gruppe.
Richard:
Brauchen wir nicht in Summe quasi alle, denn alle sozusagen fünf Generationen, von Generation TikTok bis Best Ager, früher oder später. Ein Themensprung. Themensprung zu New Work. New Work, Arbeitsmarkt im Umbruch, Stichwort Change. Home Office, Digitalisierung. Whole Working Space, Gleichzeit, was immer. Was halten Sie oder was hält man in Ihrer Firma von der Vier-Tage-Woche?
Gerald Harzl:
Vier-Tage-Woche wird zum Teil tatsächlich von MitarbeiterInnen schon angefragt. Was machen wir da? Da sind wir noch nicht bei dem Punkt, dass wir das wirklich systematisch und ernsthaft diskutieren. Also was es bei uns, was an Möglichkeiten gibt, ist, wenn jemand sagt, ich möchte meine Arbeitszeit reduzieren, kann ich meine Stunden reduzieren und mir dadurch, und kann ich die Arbeitszeit auch so verteilen, dass ich das in vier Tagen machen kann. Solche Beispiele haben wir im
Richard:
Angestellten
Gerald Harzl:
Bereich. Wir haben aber kein strukturelles Angebot für MitarbeiterInnen. Wenn Sie mich fragen, was ich persönlich davon halte, ist meine Antwort, ich halte einiges davon. Vorsicht, und das scheint auch aus den Erfahrungen von Unternehmen, die das angeboten haben, evident zu sein. Solange Leute, die jetzt schon einen, 50-Stunden-Job machen, dann nicht versuchen, ihren Job auf vier Tage hineinzuquetschen.
Richard:
Also zehn Stunden kann ein Problem werden?
Gerald Harzl:
Kann ein Problem werden. Da bin ich davon überzeugt, dass wenn jemand sagt, ich habe eine Normalarbeitszeit, 38,5 Stunden, ich erledige das in vier Tagen, würde ich sagen, das ist nicht im Sinne des Erfinders. Da würde ich ein gewisses Risiko sehen, dass entweder Selbstausbeutung oder,
Richard:
Oder
Gerald Harzl:
Überlastung
Richard:
Passiert. Wie ist das mit dem Lohnausgleich? Wenn jemand vier Tage arbeiten will und sagt, ich will aber nicht zehn Stunden, sondern ich habe Stunden reduziert, vier mal acht, und hätte aber gerne einen vollen Lohnausgleich. Dann
Gerald Harzl:
Würde unser Unternehmen sagen, das geht leider nicht, das spielt sich nicht. Wir würden dort mitgehen, wo wir sagen, okay, wir skalieren herunter, wir dividieren sozusagen dein derzeitiges Gehalt durch die Stunden, und wir zahlen dir auch um diesen Anteil weniger. Da brauchen
Richard:
Sie aber die Zustimmung der Gewerkschaft bzw. Arbeiterkammer, sonst würde es nicht gehen.
Gerald Harzl:
Ja, also wir haben natürlich dort, wo das kollektivvertraglich geregelt ist, ist das nur im Einvernehmen mit den Interessensvertretern möglich. Aber ich zitiere jetzt eine Expertin von der IG Metall, letztes Jahr einen Workshop dazu gehabt in München, wo sie ein Beispiel eines Unternehmens vorgestellt hat, wo Mitarbeiter die Möglichkeit haben, jedes Jahr, also die gesamte Belegschaft, jedes Jahr zu entscheiden, ob sie eine 32 Stunden oder eine 38 Stunden oder was haben die, 37 Stunden, das weiß ich gar nicht. Die können sich also entscheiden dafür, welches Modell, und das muss aber für ein Jahr dann so bleiben, sonst können sie es nicht planen im Unternehmen.
Richard:
Da ziehen die, die in der Abstimmung unterlegen sind, mit?
Gerald Harzl:
Nein, es ist beides möglich. Es ist nicht entweder oder. Aber es
Richard:
Gilt ja für alle.
Gerald Harzl:
Ja, alle müssen sich entscheiden, ob sie das eine oder das andere machen. Und die Planung ist darauf ausgelegt, dass die 32- oder 30-Stunden-Leute und die 37-Stunden-Leute gemeinsam in diesen Schichtplanern im Unternehmen verplant sind. Also es muss nicht einer, der weniger arbeiten möchte, mehr arbeiten, und einer, der mehr arbeitet, muss nicht weniger arbeiten. Sondern da entstehen zwei verschiedene Gruppierungen im Unternehmen, die so viel arbeiten dürfen, wie sie es sich wünschen, und müssen das dann aber ein Jahr konstant halten. Aber
Richard:
Es wird dann herunterskaliert.
Gerald Harzl:
Aber, und das ist jetzt… Das ist der entscheidende Punkt, dass selbst die Vertreterin von der IG Metall gesagt hat, natürlich als Gewerkschafterin blutet mir das Herz, wenn das ohne Lohnausgleich passiert, aber wir haben das akzeptiert, weil es im Interesse der Arbeitnehmerin ist. Die sagen, weniger Geld ist für mich mehr Zeit. Und das ist ein Deal, da mache ich mit. Und die Forderung, jetzt nach einer 35- oder 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, ist eine Forderung, die ich aus gewerkschaftlicher Sicht verstehe, woher das kommt, aber völlig unrealistisch
Richard:
Sowas. Es kommt darauf an. Also bei Ihnen, wo Sie ja im internationalen Wettbewerb sind, natürlich noch viel schlechter, als wenn es in einem Bereich ist, wo, wenn man zum Beispiel sagt, alle, die in einem größeren regionalen Bereich sind, haben alle den vollen Lohnausgleich, und das heißt, Ihre Konkurrenzsituation ist in Summe verändert.
Gerald Harzl:
Ja, also für unser Unternehmen wäre das eine nicht durchsetzbare, Forderung. Davon bin ich überzeugt. Ich weiß, dass es Unternehmen gibt, die das erfolgreich eingeführt haben, die auch sagen, wir würden nie mehr was anderes machen. Die sehr gut damit fahren, dass Mitarbeiter weniger Zeit erbringen. Aber das Ergebnis offensichtlich sich sogar gesteigert hat. Das ist mir alles bekannt in einem Industriebetrieb, wie Sie sagen, im internationalen Wettbewerb, wo wir mit unseren schwierigen
Richard:
Voraussetzungen,
Gerald Harzl:
Schwierigen Voraussetzungen uns alles Mögliche einfallen lassen müssen, dass wir Arbeitsplätze hier erhalten können. Und absichern können, wäre das eine völlig utopische, also eine sozial-utopische
Richard:
Forderung. Was halten Sie von der immer lauter werdenden Forderung nach Arbeitskultur auf Augenhöhe, Empathie, Wohlbefinden, Respekt, Mitgestaltung etc?
Gerald Harzl:
Naja, das sind naheliegende und auch legitime Erwartungen, die ArbeitnehmerInnen an ihre Unternehmen und an ihre Führungskräfte haben. Man muss, auf eines muss man dabei, glaube ich, achten. Es gibt eine nicht geringe Gruppe an Führungskräften, die mit dieser stärkeren Individualisierung der Arbeitsrealitäten, also wer arbeitet wann, wie zu Hause, wann das Thema und so weiter, auch ein Stück weit überfordert sind. Weil es für eine Führungskraft, eine Gruppe von Menschen zu begleiten und zu steuern und auf Ergebnisse auszurichten und es dann auch sozusagen diese individuellen Bedürfnisse auch immer, die ja bei jedem dann wieder anders sind, weil der eine reagiert auf den Incentive, der andere auf einen anderen Incentive, da muss man realistisch bleiben. Das hat sozusagen auch Grenzen, weil es dann nicht mehr steuerbar ist. Ich habe gehört von jemandem, der in der Technologiebranche arbeitet, ein namhaftes Unternehmen, ich zitiere es jetzt gar nicht, aber das ist der Geschäftsführer von einem Unternehmer, das man kennt.
Gerald Harzl:
Jetzt sind wir seit zwei Jahren, das war also letzten Sommer, wo er das gesagt hat auf einer Podiumsdiskussion. Wir sind jetzt zwei Jahre lang im 100 Prozent im Homeoffice. Wir sind ein Technologieunternehmen, wir arbeiten alle hinterm Computer. Er ist jetzt an dem Punkt, wo er überlegt, Kernarbeitszeiten zu führen.
Richard:
Keine Ausnahme. Und hat
Gerald Harzl:
Das damit begründet. Er sagt, das ist ja super, wenn ich Mitarbeiter habe, der eine mag in der Früh sein Pferd striegeln, der andere geht gern über Mittag Tennis spielen. Der Nächste sagt, ich betreue meine Kinder am Nachmittag und ich arbeite dafür am Abend. Problematisch wird es dann, wenn der, der am Abend seinen Computer einschaltet, um seinen Job zu machen, unterstellen wir mal, auch ausgeruht ist und tatsächlich das als Arbeitsfenster für sich definiert hat, der braucht jetzt aber, um seinen Job zu machen, den Input von jemand anderem. Der hat aber schon abgedreht, weil der arbeitet gern von fünf in der Früh bis zwei Nachmittag, weil dann geht er gern segeln. Es wird dysfunktional. Eine Organisation als ein soziales Internet. Das interagierende System wird irgendwann einmal dysfunktional. Deswegen sage ich, es gibt neben dem Well-Being von Menschen auch ein Well-Being einer Organisation und die Grenze dessen, was meiner Meinung nach zulässig ist an Individualisierung in den Arbeitsbedingungen, ist, solange das nicht dysfunktional für den sozialen Organismus des
Richard:
Unternehmens wird. Es geht ja noch weiter, dass auch, was meine Befragungen erzeugen, sehr viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen selbst gerne wieder ins Unternehmen kommen, um nicht nur im Home-Office zu sein. Sie wollen ihre Kollegen hören, riechen, schmecken und was alles damit zu tun hat, weil nur Home-Office offensichtlich nicht die Lösung ist.
Gerald Harzl:
Also, ich habe mich mit dem Thema relativ ausführlich auseinandersetzen müssen, weil wir ja logischerweise gezwungen waren …
Richard:
Im Engineering, nicht in der Produktion.
Gerald Harzl:
Nicht in der Produktion, aber natürlich in allen Jobs, die sozusagen nicht in einem Werk, unmittelbar in einem … Ja. … Produktionsprozess sind, sich zu überlegen und ich meine, wir haben im Jahr 2020, glaube ich, innerhalb von drei Wochen 30.000 Leute sozusagen nach Hause geschickt, weil eigentlich die Produktion gestoppt war. Wir hatten vorher schon eine Mobile-Working-Policy im Haus, die war vorher, ich glaube, zuerst haben wir angefangen mit einem Tag pro Woche, dann haben wir das auf eineinhalb Tage oder sechs Tage im Monat erweitert und dann während dieser … oder war das sogar … ich glaube, es war dann während der ersten Erfahrung mit dem … oder knapp vor Corona haben wir das auf zwei Tage, also auf 60 Prozent, wenn man so möchte, 60 Prozent On-Site, 40 Prozent Off-Site, also vor fünf Tagen bist du halt zwei zu Hause. Und da gibt es gute Gründe dafür, warum wir hier etwas zurückhaltender waren.
Gerald Harzl:
Viele Diskussionen mit Mitarbeitern, die sagen, das ist nicht zeitgemäß, das ist nicht modern, zwei Tage ist viel zu wenig, ihr werdet jetzt Leute verlieren, Old Fashioned, also erstens, muss man mal sagen, die Automobilindustrie gehört nicht unbedingt zu den Innovationstreibern des Arbeitsprozesses, das kommt ja sicherlich auch aus dem Umstand, dass man einen sehr stark reglementierten, gedakteten Produktionsbereich hat, wo also nicht unbedingt der Boden ist, wo Ideen für flexibles Arbeiten so ohne weiteres gedeihen. Also da sind wir sicherlich zu Recht kritisiert, dass wir da eher ein konservativeres Feld sind, als wenn man in einer Versicherung oder in ein Softwareunternehmen oder in irgendein anderes Dienstleistungsunternehmen einschaut. Mein Gegenargument ist, wenn ihr der Meinung seid, dass zwei Tage zu wenig sind, dann erklärt es mir mal, warum Apple auch zwei Tage eingeführt hat, dass Apple hat also nicht unbedingt den Nimbus eines konservativen, rückständigen Unternehmens, die haben sich also offensichtlich auch damit auseinandergesetzt.
Gerald Harzl:
Google hat, glaube ich, sogar irgendwann einmal vorgeschlagen und gesagt, okay, ihr könnt auch fünf Tage von zu Hause arbeiten, aber dann müssen wir uns genau anschauen, wo ihr lebt. Das ist ja nur mehr das Gehalt, das dem Lebensstandard und dem Cost of Living entspricht, wo du lebst. Ist dann
Richard:
Schnell abgelehnt
Gerald Harzl:
Worden. Ja, also hat zu einigen Verwerfungen geführt und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass für ein funktionierendes Unternehmen meiner Meinung nach die rote Linie, die ich ziehen würde, ist 50 Prozent von zu Hause, 50 Prozent e-onsite und genau aus den Gründen, die Sie auch schon genannt haben. Wie ist
Richard:
Das jetzt mit den älteren ArbeitnehmerInnen, die ja wieder eine andere Position haben als die 20-, 25-Jährigen in Richtung New Work?
Gerald Harzl:
Also wir haben in dieser Regelung, wie wir mobiles Arbeiten definieren, überhaupt keinen Unterschied nach Alter natürlich gemacht, nicht einmal nach Funktion, also bei uns gehen die ITler auch nicht mehr nach Hause als die Ingenieurs- oder die Finanzmitarbeiter. Ja. Ja. Ja. Ja. Also die Mitarbeiter unter Umständen, also wenn wir jetzt von denen ausgehen, die vielleicht nach ihrer Pensionierung noch arbeiten, würde ich sagen, die kommen ja sowieso dieses Jahr mehr.
Richard:
Nehmen wir 50 plus, ich meine jetzt eher von deren Bedürfnissen. Wir haben die Bedürfnisse der Jüngeren, die natürlich viel mehr nach Homeoffice und Coworking Spaces und Digitalisierung etc. und dann haben wir die älteren MitarbeiterInnen, die ja plötzlich, die damit überhaupt nie in der Dimension was am Hut hatten. Ja.
Gerald Harzl:
Also da würde ich mich zurückhalten über eine allgemeine Aussage. Also ich habe das von der Perspektive ganz offen. offengestanden, noch gar nicht gedacht. Ich gehe sogar davon aus, also abgesehen davon, dass wir niemanden ins Homeoffice schicken, bei uns darf jederzeit jemand fünf Tage die Woche im Unternehmen arbeiten. Also es gibt überhaupt keine Notwendigkeit, dass jemand von zu Hause arbeitet. Das ist beim
Richard:
Schichtbetrieb natürlich, weil da gibt es Regelungen. Außer dort,
Gerald Harzl:
Wo Homeoffice möglich ist. Diese Einschränkung gilt natürlich für alle Aussagen, die ich in dem Zusammenhang treffe. Ich tue mir jetzt schwer, mir vorzustellen, dann könnte das für ältere ArbeitnehmerInnen interessanter oder weniger interessant sein, von zu Hause zu arbeiten. Die Technologien, die mittlerweile dafür zur Verfügung gestellt werden, machen nicht wirklich einen Unterschied, meiner Meinung nach.
Richard:
Abgesehen vom digitalen Wissensgrad der Älteren. Ja,
Gerald Harzl:
Schauen Sie, meine Schwiegermutter ist jetzt gestern 84 Jahre alt geworden. Die hat ein iPad kommuniziert mit uns über diese Medien. Da gibt es schon welche, die da nicht abgeholt sind zu dem Thema und die da möglicherweise hier ein Handicap haben. Da würde ich sagen, okay, wäre in dem Fall kein Problem. Aber das ist eine generelle Frage in einer sich zunehmend digitalisierenden Arbeitsumgebung. Das ist ja sogar im Produktionsbetrieb so, dass die verschiedene Dinge mit Technologieunterstützung ganz anders zu machen haben, als sie das vorher gemacht haben. Das ist eher ein Auftrag an das Unternehmen, sich zu überlegen, wie man MitarbeiterInnen insgesamt abholen, obwohl sie technologiefairer sind. Und das ist bei älteren ArbeitnehmerInnen nicht wesentlich unterschiedlich, hätte ich jetzt einmal behauptet. Auch denen kann man das beibringen. Das ist vielleicht eines, ich meine, das ist eh trivial, aber das ist möglicherweise eines der Felder, wo man sagen kann, was können Junge von Alten lernen, was können die Alten von den Jungen lernen.
Richard:
Wissen Sie, es wäre in beide Richtungen. In
Gerald Harzl:
Beide
Richard:
Richtungen. Aber gehen wir zum Potenzial einer Neiddiskussion. Jetzt kommt ein junger Mitarbeiter oder Mitarbeiterin daher und sagt, ich arbeite vier Tage in der Woche. Höchstens, wenn mein Kind schreit, gehe ich nach Hause. Ich will ein Dienstauto haben, ein Tesla, vielleicht bei Ihnen kein Tesla, aber zumindest ein Elektrofahrzeug. Ich will 4.000 Euro netto haben. Kommt wer junger herein und sie müssen möglicherweise, weil sie einen Bedarf haben, auch auf Forderungen eingehen, die sie nicht so gerne erfüllen. Und dann haben wir einen älteren Mitarbeiter oder Mitarbeiterin, die ist 30 Jahre im Unternehmen, die kriegt Hausnummer dreieinhalb oder 4.000 Euro netto und arbeitet fünf Tage die Woche. Und dann wird die ältere Mitarbeiterin so ohne, ohne Erfahrung, frisch gefunkt, wie schaut das aus? Wie gehen Sie damit um? Also diese
Gerald Harzl:
Konflikte sind ja grundgelegt und die haben wir auch schon zum Teil.
Richard:
Neu, die gab es so noch
Gerald Harzl:
Nie. Ja, ja, ja, völlig. Also es hat immer schon die Situation gegeben, wenn man, wenn man Leute von außen holt, die höhere Anforderungen stellen, als was man derzeit in seinem Lohngefüge, in seinem Gehaltsgefüge zahlen kann, dass das, also je nachdem, wie groß der Schmerz war, Leute ins Unternehmen zu holen, hat man dort immer schon Konzessionen gemacht und gehofft, dass das sozusagen niemand weiß und nicht diesen Neid anzuholen.
Richard:
Auch der Intransparenz geschuldet, die wir in Österreich ja haben bei diesen Dingen. Ja,
Gerald Harzl:
Also da gibt es natürlich Grenzen. Bei uns ist es ein Faktum. Die Stellen, die wir bei uns beispielsweise in der Corporate Organisation im letzten Jahr nachbesetzen mussten, weil Leute uns verlassen haben, die kommen durchwegs alle mit 20, 25 Prozent höheren Kosten daher. Also die kosten uns mehr und haben aber nicht notwendigerweise annähernd den Level von den Leuten,
Richard:
Die
Gerald Harzl:
Weggegangen sind. Also das ist ein Grundproblem in der derzeitigen Situation, das dazu beiträgt, Unternehmen und die ganze Gesellschaft wachzuröteln. Mir ist nicht klar, ob die Gewerkschaften auch schon erkannt haben, dass wir hier eigentlich ein gemeinsames Angebot haben. Ich weiß nicht, ob das auch ein gemeinsames Angebot ist. weil da kriegt man ja manchmal das Gefühl, da wird nach wie vor in Abrede gestellt, dass wir gewisse Prinzipien über Bord werfen müssen in vielerlei Hinsicht. Ich weiß nicht, das Arbeitszeitgesetz, glaube ich, ist datiert auf ein Jahr, wo man nur mit dem Pferdekutschen gefahren ist. Ich
Richard:
Glaube, Magner hat es damals noch nicht gegeben.
Gerald Harzl:
Ja, und allein die Tatsache, wie heute gearbeitet wird, wie in einem internationalen Unternehmen, wir haben Leute, die betreuen sozusagen Asien am Vormittag und Nordamerika am Nachmittag, wo wir als einzige Maßnahme, die wir quasi unmittelbar umsetzen können, ist, dass wir die aus einem bestimmten Zeitkonzept entbunden haben und sagen, ihr müsst nicht mehr.Die Verkehrszeit gibt es für euch nicht mehr, die haben abgeschafft, wie die Leute haben gesagt, ihr müsst selber entscheiden, eigenverantwortlich, wie ihr eure Termine legt und wenn ihr am Abend noch eine Konferenz mit Nordamerika habt, dann kommt es bitte am nächsten Tag später und plant nicht in der Früh irgendwas ein, das ihr in Asien erledigen müsst, damit ihr eure Ruhezeiten einhalten könnt ungefähr. Also was ich damit sagen möchte, die Veränderung in der Arbeitswelt ist bei uns in einem sehr hohen Ausmaß bereits angekommen,
Richard:
Auch durch die Internationalisierung natürlich,
Gerald Harzl:
Durch die Tatsache, dass wir ein global agierender Konzern sind sowieso, jetzt spreche ich natürlich wieder von denen, die nicht am Band stehen und dort ihren Job machen werden, das in Wirklichkeit wurscht ist, was in China für Regeln sind, spürt es nur indirekt, solange
Richard:
Er seinen Job hat,
Gerald Harzl:
Und wir sozusagen diese Leistung weiter in diesen Teilungen den Preis verkaufen können. Aber für die Leute, die als Wissensarbeit, die weiter zeitzonenübergreifend, kulturübergreifend arbeiten, sind ja die gesetzlichen Voraussetzungen oder Rahmenbedingungen für Arbeit völlig…
Richard:
Aber nicht vorgesehen, nicht vorgesehen. Aber wir haben ja hier zwei Probleme. Das eine ist der rein ökonomische Zugang und zu sagen, ich muss für dieselbe Leistung möglicherweise mehr bezahlen und kriege obendrauf noch weniger Erfahrung und weniger Wissen. Auf der anderen Seite aber das psychologische Moment in der Unternehmenskultur, wo die Alten oder Älteren sagen, warum kriegen die Jungen das, der kann weniger als ich, ich will das auch. Oder zumindest, dass wir hier schon eine Neiddiskussion bekommen können, interna.
Gerald Harzl:
Also da hilft uns in diesem Fall quasi noch eine Logik von Schemata, wo man sagt, naja, das ist halt in dieser Funktion und wenn du mit dem nicht zufrieden bist, dann können wir dir den Job leider nicht anbieten. Also wir müssen auch Bewerberinnen, Bewerber ablehnen, die mit Forderungen dahergekommen sind, unser gesamtes System zu unterstützen. Also da gibt es schon noch Limits in der Toleranz und ich möchte mir gar nicht ausrechnen, wohin das führt, wenn sich sozusagen der gesamte Markt dorthin lizitiert, dass es sozusagen kriegt dort um 20 Prozent mehr, nach einem halben Jahr geht er zum nächsten Mal 20 Prozent her. Also wir schrauben uns ja sozusagen insgesamt in die Höhe. Aber
Richard:
Teilweise sind wir in dem System schon drinnen. Also es gibt
Gerald Harzl:
Solche Nischen, wo das glaube ich so schon läuft, ja.
Richard:
So, ich bin so gut wie am Ende. Eine sehr theoretische Frage noch. Angenommen, Sie haben zwei Bewerberinnen für einen ausgeschriebenen Posten. In die engere Wahl kommen zwei, sagen wir, so gut wie gleichqualifizierte Personen. Eine oder einer ist zwischen 30 und 35 Jahren alt und eine andere ist zwischen 50 und 55 Jahre alt für denselben Posten. Wie nehmen Sie und warum? Also
Gerald Harzl:
Als ein Jurist würde ich jetzt sagen, das kommt darauf an. Sie stellen mir natürlich mit der Frage, mit der Art und Weise, wie Sie diese Frage stellen, im Kontext unseres Gesprächs hier eine Falle.
Richard:
Nein, keine Falle. Ich gebe zwei Optionen. Sie geben
Gerald Harzl:
Zwei Optionen. Aber ich meine, das kommt tatsächlich darauf an, was das für ein Job ist und was die Entwicklungsmöglichkeiten in diesem Job sind, auf welcher Ebene da jemand einsteigt, wie groß der Erfahrungswert in diesem Job eigentlich die Voraussetzung dafür ist, diesen Job gut zu erledigen. Also ich habe jetzt zwei Lohnverrechnerinnen angestellt. Ich habe mir den Geburtsjahrgang nicht genau angesehen, aber ich schätze, beide sind über 50, deutlich über 50. Ich hoffe, die hören mich nicht im Interview und irgendwann einmal und sagen mir, ich bin ganz schlecht. Nein, unangemessen. Und
Richard:
Wir machen es jetzt ab 45.
Gerald Harzl:
Aber die habe ich genau aus dem Grund eingestellt, weil im Bereich der Lohnverrechnung, der Personalverrechnung, die Erfahrung, da ist man sozusagen ein junges Mädel. Es sind sehr viele, überwiegend Frauen interessanterweise, die in diesem Segment auch arbeiten. Mir sind ganz wenige Männer bisher begegnet. Bevor ich dann ein junges, und da habe ich sogar die Erfahrung, da hat sogar ein Studierender gesagt, wie viel? Was der Studium macht, Lohnverrechnung, sich dafür zu interessieren, ist schon etwas exotisch. Wo ist die Perspektive und so weiter und wohin geht das? Oder ist das jetzt ein Übergang? Also, lange Rede, kurzer Sinn. In so einem Job ist mir jemand mit viel Erfahrung, da schaue ich nicht einmal hin, wie viel mir die teurer sind, weil die Jungen verlangen ja nicht viel weniger. Da ist das überhaupt kein Kriterium für mich. Würde ich einen Job besetzen müssen im Bereich Empathie? Oder Lawyer-Branding oder Talent-Attraction?
Gerald Harzl:
Ansprechen von MitarbeiterInnen mit einem starken Fokus, die jungen Ingenieure, die Softwareentwicklung machen und so weiter und so fort und mit den sozialen Medien und Social Recruiting, dann würde ich wahrscheinlich davon ausgehen und unterstellen, dass jüngere Menschen, die möglicherweise Digital Native Anteile schon stark haben, einfach in dieser Welt viel versierter als ich es bin. Und wahrscheinlich auch einen solchen Job besser von ihren Skills, aber Sie haben gesagt, ja, gleichwertig.
Richard:
Ja, man könnte sagen, auf Augenhöhe. Auf
Gerald Harzl:
Augenhöhe, ja. Also, ich würde das Alter bei manchen Positionen als ein Kriterium überhaupt nur bewerten und nicht als ein generelles Kriterium zu sagen, okay, das Alte ist sozusagen jetzt ein Kriterium dafür, ob jemand am linken, am mittleren oder am rechten Stapel landet. Also, das würde ich in Sicherheit nicht machen. Bin ich Ihnen jetzt klug genug ausgewiesen?
Richard:
Nein, Sie haben sogar, glaube ich, eine sehr ergebnisreiche Antwort gegeben. Okay. Zusammengefasst, it depends.
Gerald Harzl:
It depends. Es kommt drauf
Richard:
An. Es kommt drauf an. Habe ich irgendwas vergessen, was die Arbeitswelt 50 plus, was wichtig wäre? Oder eine Botschaft, die Sie mir mitgeben können?
Gerald Harzl:
Eine Message, die sich irgendwie aufdrängt. Wir haben ja verschiedenste Wellen in unserer Organisation. Wenn wir über unsere Kultur nachdenken und was an unserer Kultur stark ist und ausgebaut werden sollte und was möglicherweise auch eine Veränderung oder Anpassung verträgt. Das Thema ältere ArbeitnehmerInnen ist mit Sicherheit kein sehr zentrales Thema im Moment. Also, wir haben jetzt begonnen, uns aktiv und auch differenziert mit dem Thema Diversität, Geld auseinanderzusetzen. Da geht es in erster Linie um Frauen, mehr Frauen in die Industrie. Ich denke, das Thema Alter ist noch nicht so sehr im Zentrum dieser Überlegungen, wie es wahrscheinlich sein sollte. Und ich gehe davon aus, dass die Realität, in der wir uns befinden, zwangsläufig dazu führen wird, dass wir dem Thema einen ganz anderen Stellenwert noch geben werden in den nächsten Jahren. Und ich finde das außerordentlich interessant und auch unterstützenswert, dass es Menschen gibt wie Sie, die sich sozusagen genau mit dieser spezifischen Themenstellung auseinandersetzen und auch anreizen, darüber tiefer nachzudenken.
Richard:
Herzlichen Dank. Ich habe viel gelernt. Danke vielmals für das wunderbare Interview.
Gerald Harzl:
Ich danke
Richard:
Auch. Es war nicht mein kürzestes. Ja. Danke fürs Reinhören in meinem Podcast. Mehr Informationen gibt es auf meiner Webpage. RichardKaan.com Bis zum nächsten Mal.